Leitsatz

Zwei minderjährige Kinder nahmen ihren Vater auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch. Sie wurden von ihrer Mutter gesetzlich vertreten. Beide Eltern waren gemeinsam Inhaber der elterlichen Sorge.

Die Eltern praktizierten ein Wechselmodell. Die beiden minderjährigen Klägerinnen hielten sich unstreitig zu 5/14 bei dem Beklagten, zu 9/14 in dem Haushalt ihrer Mutter auf. Die Ferienzeiten verbrachten sie jeweils hälftig bei ihrem Vater und ihrer Mutter.

Beide Eltern waren nur teilerwerbstätig.

Erstinstanzlich wurde der Beklagte zur Zahlung laufenden Unterhalts i.H.v. 147,00 EUR und einen aufgelaufenen Rückstand i.H.v. 2.451,00 EUR je Klägerin verurteilt.

Gegen dieses Urteil legte er Berufung ein und rügte die Berechnungsmethode des erstinstanzlichen Gerichts. Bei der Praktizierung des sog. Wechselmodells hafteten die Eltern anteilig nach Einkommen und Vermögen unter Berücksichtigung ihrer Anteile an der Betreuung. Im Übrigen sei bei ihm auch die Betreuung der ältesten Tochter einzubeziehen. Bei Einbeziehung auch dieses Umstandes ergäbe sich ich keine Barunterhaltspflicht.

Sein Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Berufung des Beklagten für nicht begründet. Den Klägerinnen stehe gegen ihren Vater ein Anspruch mindestens in Höhe der von dem erstinstanzlichen Gericht ausgeurteilten Beträge zu.

Tatsächlich übe der Vater im vorliegenden Fall mit den Töchtern nicht nur ein gewöhnliches Umgangsrecht aus. Beide Elternteile seien sorgeberechtigt, der Beklagte nehme die Klägerinnen nicht nur für die Zeit des gewöhnlichen Umgangs bei sich auf. Der Aufenthalt in seinem Haushalt weiche schon in Bezug auf die Zeitdauer vom gewöhnlichen Modell des Umgangs nach § 1634 BGB ab.

Beide Eltern hätten ihr berufliches und privates Umfeld auf die gemeinschaftliche Betreuung der Kinder eingestellt. Beide seien nur teilerwerbstätig. Jeder Elternteil gewähre den Kindern in der Zeit, während sie bei ihm seien, Unterkunft und Verpflegung. Soweit die Klägerinnen geltend machten, dass ihre Mutter in weit höherem Umfang als der Beklagte Aufwendungen hätte, sei dies streitig und nicht nachgewiesen. Im Übrigen könne nur der notwendige Aufwand gegenübergestellt werden. Übertriebener Luxus habe außer Betracht zu bleiben.

Praktizierten Eltern ein Wechselmodell und wichen von dem Residenz- oder Eingliederungsmodell mit bloßen Besuchen bei dem anderen Elternteil ab, so erfülle die Mutter ihre Unterhaltspflicht nicht allein durch die Betreuung der Kinder. In einem solchen Fall könne der Bedarf der minderjährigen Kinder deshalb nicht mit Hilfe der Düsseldorfer Tabelle allein nach dem Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils bemessen werden, vielmehr sei er konkret nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen beider Eltern unter Berücksichtigung der Mehrkosten zu ermitteln, die durch den ständigen Wechsel der Kinder von einem in den anderen Haushalt entstehen, so z.B. Vorhaltung eines Kinderzimmers, Kleidung, Spielzeug usw. in jeder Wohnung.

Für den so ermittelten Bedarf hätten beide Eltern anteilig nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen unter Berücksichtigung ihrer Anteile an der Betreuung aufzukommen (vgl. dazu OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 74; Empfehlungen des 10. Deutschen Familiengerichtstages FamRZ 1994, 358 [359] unter I, 3.1d, e; Wendl/Staudigl, 6. Aufl., § 2 Rz 294).

Dabei sei das unstreitige Einkommen des Beklagten, der nur 19,5 Stunden wöchentlich tätig sei, auf einen dem Arbeitspensum der Mutter entsprechenden Anteil hochzurechnen, dies seien unstreitig 70 % einer Vollzeitbeschäftigung.

Diese Einkünfte könne der Beklagte auch ohne weiteres erzielen, wenn er seine Arbeitszeit auf den entsprechenden Anteil erhöhe und eine Zusatzbeschäftigung aufnehme.

Zur Ermittlung der Haftungsanteile dürften nicht die unterhaltsrelevanten Einkünfte der Eltern ins Verhältnis gesetzt werden. Vielmehr sei ein gleich hoher Sockelbetrag vorher abzuziehen, um ungleiche Belastungen bei erheblichen Unterschieden der vergleichbaren Einkünfte zu vermeiden. Er könne bei höheren Einkünften der Eltern wie beim Unterhalt volljähriger Kinder in Höhe des angemessenen Selbstbehalts nach der Düsseldorfer Tabelle angesetzt werden.

Ein Abzug wegen des von der Mutter der Klägerin bezogenen Kindergeldes gem. § 1612b Abs. 1 BGB finde nicht statt. Gem. § 1612 Abs. 5 BGB habe dessen Anrechnung zu unterbleiben. Sinn und Zweck des § 1612b Abs. 5 BGB sei es, unter Wahrung des Selbstbehalts des Unterhaltsschuldners dem minderjährigen Kind einen Barunterhalt in Höhe eines Barexistenzminimums zu sichern (BGH FamRZ 2003, 445).

Die Betreuung eines weiteren Kindes durch den Beklagten wirke sich auf den Bedarf der Klägerinnen nicht aus. Der Beklagte habe nicht substantiiert vorgetragen, dass seine Leistungsfähigkeit hierdurch beeinträchtigt wäre.

 

Hinweis

Das OLG hat die Revision gegen das Urteil zugelassen. Die Entscheidung des BGH (XII ZR 161/04) datiert vom 28.02.2007.

Der BGH hat eine nur anteilige Barunter...

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