Rz. 390

Tarifverträge unterliegen wegen der vermuteten Richtigkeitsgewähr nur in beschränktem Umfang der gerichtlichen Inhaltskontrolle. Sie werden von gleichberechtigten Partnern des Arbeitslebens ausgehandelt und genießen wegen der verfassungsrechtlich geschützten Tarifautonomie gem. Art. 9 Abs. 3 GG eine Institutsgarantie. Auch tarifvertragliche Gratifikationsregelungen können daher nur daraufhin überprüft werden, ob sie gegen die Verfassung, zwingendes Gesetzesrecht, die guten Sitten (§ 138 BGB) und tragende Grundsätze des Arbeitsrechtes verstoßen (BAG v. 28.5.1996 – 3 AZR 752/95; BAG v. 6.9.1995 – 5 AZR 174/94). Es ist den Tarifvertragsparteien erlaubt, tarifvertraglich zuungunsten der Arbeitnehmer Bindungsfristen zu verlängern oder erweiterte Rückzahlungsverpflichtungen zu begründen, die den vom BAG für einzelvertragliche Abreden gesteckten Rahmen überschreiten; die Tarifvertragsparteien haben insoweit einen weiter gehenden Gestaltungsspielraum als die Parteien eines Arbeitsvertrages (BAG v. 6.9.1995 – 5 AZR 174/94; BAG v. 4.9.1985 – 5 AZR 655/84, BAGE 49, 281).

 

Rz. 391

Tarifverträge unterliegen ferner grds. keiner Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB. Dies ergibt sich aus § 310 Abs. 4 S. 1 BGB. Dies gilt auch, wenn ein Tarifvertrag insgesamt in einem Arbeitsvertrag aufgrund einzelvertraglicher Inbezugnahme Anwendung findet (vgl. BAG v. 18.9.2012 – 9 AZR 1/11; BAG v. 13.12.2007 – 6 AZR 222/07). Beschränkt sich die Inbezugnahme jedoch auf einzelne Vorschriften eines Tarifvertrags, entfällt die durch § 310 Abs. 4 S. 1 BGB erzeugte Privilegierung (BAG v. 6.5.2009 – 10 AZR 390/08).

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