Rz. 89

Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) kann nur durch Neugründung entstehen. Eine klassische GmbH kann nicht in diese Gesellschaft "umgewandelt" werden;[281] eine solche kann insb. auch nicht durch Herabstufung/Kapitalherabsetzung unter das gesetzliche Mindestkapital[282] oder durch Verlust des Kapitals der klassischen GmbH entstehen.[283] Möglich sind wie bei der klassischen GmbH Vorratsgründung und -kauf sowie Mantelkauf, wofür die allgemeinen Regeln (vgl. Rdn 47) gelten.[284] Möglich sind (1) der Übergang von der Gründung einer klassischen GmbH zur Gründung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), wenn die Gründer die Voraussetzungen von deren Gründung einhalten,[285] sowie (2) die Entstehung nach dem sog. Anwachsungsmodell, bei dem eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) als Gesellschafter in eine Personengesellschaft eintritt und alle übrigen Gesellschafter austreten; das Vermögen der Personengesellschaft geht in dem Fall kraft Anwachsung auf die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) über.[286] Sacheinlagen – und daher z.B. die Entstehung im Wege der Umwandlung durch Abspaltung, da es sich hierbei wirtschaftlich nach um die Einbringung einer Sache handelt (§ 138 UmwG)[287] – sind gem. § 5a Abs. 2 S. 2 GmbHG ausgeschlossen. Streitig ist die Rechtsfolge, wenn trotz des Verbots Sacheinlagen erbracht werden.[288] ME bleibt es entgegen einer in der Lit. vertretenen Auffassung[289] bei der Anwendung von § 19 Abs. 4 und 5 GmbHG (vgl. Rdn 247 ff.): Der Wortlaut enthält keine Beschränkung auf Fälle, in denen Sacheinlagen überhaupt zulässig sind. Nach der Intention des Gesetzgebers sollen alle Regelungen des GmbH-Rechts anwendbar sein (vgl. Rdn 86). Gerade die Gründer, die der Gesetzgeber im Blick hat (vgl. Rdn 86), werden regelmäßig überfordert sein, die ziselierten Regelungen zur Sacheinlage zu internalisieren (zur Häufigkeit der verschleierten Sacheinlage vgl. Rdn 260). Daher darf man sie nicht dadurch diskriminieren, dass man ihr nicht die Möglichkeit gibt, beim ohnehin nicht nennenswerten Haftungskapital in die Vorzüge des § 19 Abs. 4 und 5 GmbHG zu gelangen und die vom Gesetzgeber als desaströs empfundenen Haftungsregeln der überholten Rspr. erdulden zu müssen. Zudem verstieße die Anwendung der vom Gesetzgeber korrigierten Rspr. zur verschleierten Sacheinlage (vgl. Rdn 247) gegen den Grundsatz, den Gläubigerschutz primär durch die Pflicht zur Bildung der gesetzlichen Rücklage zu realisieren, nicht aber durch die Einrichtung eines bestimmten Stammkapitals und die Pflicht, dieses aufzubringen und zu erhalten. Ohne Weiteres zulässig ist die Einbringung von Sachen als andere Zuzahlung in das Eigenkapital gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB.[290]

 

Rz. 90

Abweichend von § 7 Abs. 2 GmbHG muss vor der Anmeldung das Stammkapital in voller Höhe eingezahlt sein (§ 5a Abs. 2 S. 1 GmbHG).

[281] Demgegenüber kann der Gesellschaftsvertrag einer klassischen GmbH vor ihrer Handelsregistereintragung im Wege des "Downgrading" in eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) verändert werden, OLG Frankfurt, GmbHR 2011, 984 m. Anm. Wachter.
[282] Baumbach/Hueck/Servatius, § 5a Rn 16.
[283] Bormann, GmbHR 2007, 897, 898 f.; Freitag/Riemenschneider, ZIP 2007, 1485, 1491; Gehrlein, Konzern 2007, 771, 779; Veil, GmbHR 2007, 1080, 1084; Hirte, ZInsO 2008, 933; vgl. allg. zu Problemen bei Gründung und Durchführung einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), Schäfer, ZIP 2011, 53. Vgl. allg. zum Gesellschaftsvertrag der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) Ramm, Jura 2009, 895.
[284] Baumbach/Hueck/Servatius, § 5a Rn 15.
[285] Baumbach/Hueck/Servatius, § 5a Rn 16.
[286] Fastrich, in: VGR, Gesellschaftsrecht in der Diskussion, 2010, Bd. 16, S. 119, 148 f; Heckschen, Das MoMiG in der notariellen Praxis, Rn 236; Hirte, NJW 2012, 581, 583.
[288] Freitag/Riemenschneider, ZIP 2007, 1485 f.; Bormann, GmbHR 2007, 897, 901; Joost, ZIP 2007, 2242, 2244; Gehrlein, Konzern 2007, 771, 779, die Nichtigkeit des Gesellschaftsvertrages gem. §§ 134, 139 BGB annehmen; aA mit Recht Hirte, ZInsO 2008, 933.
[289] Hirte, ZInsO 2008, 933; Baumbach/Hueck/Servatius, § 5a Rn 12; Freitag/Riemenschneider, ZIP 2007, 1486; Joost, ZIP 2007, 2242, 2244; Henssler/Strohn/Schäfer, § 5a Rn 19; Miras, Rn 155, 349 ff.; Ulmer, GmbHR 2010, 1298; aA wie hier Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, § 5a Rn 31; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 19 Rn 69; Roth/Altmeppen, § 19 Rn 24; Gehrlein, Konzern 2007, 771, 779; Gehrlein/Witt, 1. Kap. Rn 79; Heinze, GmbHR 2008, 1065, 1066 f.; Herrler, DB 2008, 2347, 2349 f.; MüKo/Rieder, § 5a Rn 32 f.
[290] Hennrichs, NZG 2009, 1161.

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