Rz. 170

Geschäftsanteile (vgl. Rdn 10)[688] sind grundsätzlich frei veräußerlich (§ 15 Abs. 1 GmbHG). Übertragen werden nach dem Bestimmtheitsgrundsatz die konkreten, gem. § 8 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG nummerierten Geschäftsanteile, nicht aber z.B. ein "prozentualer Anteil am Unternehmen".[689]

[688] Vor Eintragung soll die Mitgliedschaft nicht durch Übertragung der Mitgliedschaft an der Vor-GmbH, sondern nur durch Änderung des Gesellschaftsvertrages übertragen werden können, BGH DB 1997, 867; BGH DB 2005, 440; dagegen Schmidt, ZIP 1997, 697; ders., GmbHR 1997, 869; eine entspr. Auslegung des Vertrages soll genügen, vgl. OLG Frankfurt GmbHR 1997, 896. Auch ein künftiger Geschäftsanteil kann abgetreten und belastet werden, freilich mit dem Formerfordernis des § 15 GmbHG, vgl. BGH NJW 1995, 128, 129; BGH ZIP 1999, 925; Fröhlich/Primaczenko, NZG 2016, 133; Scholz/Seibt, § 15 Rn 12; Lutter/Hommelhoff/Bayer, § 15 Rn 4, wobei die Wirkung mit der Registereintragung oder sonstigem Bedingungs- bzw. Fristeintritt bzw. Fristablauf eintritt.
[689] Häufig sind die Beteiligungen einer Person an ihrer GmbH auf viele Geschäftsanteile gesplittet; dann kann sich empfehlen, vor Veräußerungen die Geschäftsanteile zusammenzulegen, vgl. zu den Fragen der Zusammenlegung von Geschäftsanteilen, die abgesehen von der Gesellschafterzuständigkeit nach § 46 Nr. 4 GmbHG, gesetzlich kaum geregelt, jedoch allg. anerkannt ist, Jasper/Rust, DB 2000, 1549. § 46 Nr. 4 GmbHG ist ausschließlich eine Kompetenzregelung; er sagt nichts dazu, welche Voraussetzungen eine Zusammenlegung erfordert und welche Rechtsfolgen sie hat. So darf z.B. ein von der Versammlung allein mit den Stimmen des herrschenden Gesellschafters gefasster Beschluss zur Zusammenlegung von Geschäftsanteilen des Minderheitsgesellschafters, von denen einzelne nur teileingezahlt sind, nicht dazu führen, dass der herrschende Gesellschafter den gesamten zusammengelegten Geschäftsanteil des Minderheitsgesellschafters gem. § 22 Abs. 4 GmbHG erwirbt, wenn der Minderheitsgesellschafter der Zahlungsaufforderung nach § 21 GmbHG nicht nachkommt und der herrschende Gesellschafter eine subsidiäre Zahlungspflicht gem. § 22 Abs. 4 GmbHG erfüllt (Fall nach Horstkotte, Probleme/Unzulänglichkeiten des MoMiG).

a) Notarieller Vertrag

 

Rz. 171

Die Vereinbarung der Pflicht zur Abtretung des Anteils ist nur bei notarieller Form bindend;[690] die wirksame dingliche Abtretung heilt den Mangel ex nunc (§ 15 Abs. 4 GmbHG).[691]

Seine sachenrechtliche Abtretung bedarf zwingend der notariellen Beurkundung (§ 15 Abs. 3 GmbHG).[692] Nach dem Vollständigkeitsgrundsatz ist erforderlich, nicht nur die eigentliche Abtretung(sverpflichtung) zu beurkunden, sondern alle Nebenabreden, die nach dem Willen der Parteien Bestandteil der Vereinbarung über die (Verpflichtung zur) Abtretung sein sein sollen (andernfalls nichtig, § 125 BGB).[693] Heilung kommt nicht in Betracht.[694] Der Formwirksamkeit steht nicht entgegen, dass das in derselben Urkunde enthaltene Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist.[695]

Vgl. zur Treuhand Rdn 21.

Das Formgebot sichert auch die Beurkundung durch einen ausländischen Notar (jedenfalls soweit das dortige Beurkundungsverfahren dem deutschen gleichwertig ist[696]), was die MoMiG-Begründung bestätigt.[697] Vgl. zu entsprechenden Fragen bei Gründung Rdn 10 und bei Änderung des Gesellschaftsvertrages Rdn 220.

[690] Hadding, ZIP 2003, 2133, weist nach, dass nach Wortlaut und Zweck des § 15 Abs. 4 S. 1 GmbHG nicht der gesamte, ggf. umfangreiche Vertrag dem Formerfordernis unterliegt, sondern nur die "Vereinbarung, durch welche die Verpflichtung eines Gesellschafters zur Abtretung eines Geschäftsanteils begründet wird". Die Praxis muss sich aber mit der bisherigen Rspr. begnügen; für diese sind weit wichtiger als Angriffe gegen die etablierte h.M. alternative Gestaltungen und beurkundungsfreie Übertragungen von Geschäftsanteilen durch die Einziehung des zu "übertragenden" Geschäftsanteils in einem ersten Schritt und ggf. in einem weiteren Schritt der Neuordnung der Geschäftsanteile, was besonders für personell strukturierte Gesellschaften mit zwei oder drei Gesellschaftern und klassischen Familiengesellschaftern geeignet sein kann, Mutter/Schwörer, GmbHR 2000, 1144; Hirte, Kapitalgesellschaftsrecht, Rn 4.60, weist im Anschl. an BGHZ 78, 311 darauf hin, dass das Beurkundungserfordernis praxisnah dadurch umgangen werden kann, indem sämtliche Anteile in eine GbR eingebracht und deren Anteile formfrei übertragen werden; BGH DB 2008, 980 betont, dass das Halten in GbR nicht der Umgehung von § 15 Abs. 4 GmbHG dienen darf.
[691] Vgl. Baumbach/Hueck/Servatius, § 15 Rn 36; BGH NJW 1969, 2049; BGH NJW 1983, 1843; BGH NZG 1998, 514; die Verpflichtung zur Genehmigung des durch einen Vertreter abgeschlossenen Kaufvertrages über einen Geschäftsanteil bedarf nicht der Form des § 15 Abs. 4 GmbHG, BGH ZIP 1996, 1901; nach allg. Grundsätzen sind die Erklärungen beider Vertragsparteien beurkundungsbedürftig, BGH ZIP 2007, 1155.
[692] Gem. § 127a BGB ersetzt b...

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