Keine Löschung von Gesellschafterlisten aus Handelsregister

Die Gesellschafterliste einer GmbH kann nicht nachträglich aus dem Handelsregister gelöscht werden. Dies gilt sogar dann, wenn mit ihr versehentlich vertrauliche Unterlagen (z.B. ein Erbschein) eingereicht werden.

Zum Sachverhalt

Hintergrund des vom OLG Brandenburg entschiedenen Falls war ein Gesellschafterwechsel bei einer GmbH. Nach dem Versterben eines Gesellschafters hatte der Geschäftsführer – vertreten durch einen Notar – eine neue Gesellschafterliste beim elektronischen Handelsregister eingereicht, in der die Erbengemeinschaft als Gesellschafterin aufgeführt war. Zusammen mit der neuen Gesellschafterliste wurde der Erbschein übermittelt.


Das Registergericht stellte die Gesellschafterliste und den Erbschein in den elektronischen Registerordner der GmbH ein. Dagegen wandte sich eine Erbin mit der Begründung, dass der Erbschein ein vertrauliches Dokument sei, das nicht öffentlich einsehbar sein dürfe. Das Registergericht wies den Antrag zurück. Es sei nicht befugt, Gesellschafterlisten aus dem Registerordner zu löschen, weil sich sonst der Rechtsverkehr kein vollständiges Bild über die Historie der Gesellschafterverhältnisse machen könne. 

Der Beschluss des OLG Brandenburg v. 14.4.2021 (7 W 89/20)

Die Beschwerde blieb erfolglos. Wie einige Jahre zuvor das KG Berlin (Urteil v. 30.6.2016, 22 W 114/15 ) kam das OLG Brandenburg zu dem Ergebnis, dass die Löschung einer Gesellschafterliste aus dem Handelsregister oder ihre Berichtigung nicht möglich ist. Das Amtslöschungsverfahren nach § 395 Abs. 1 FamFG gelte nur für Registereintragungen, jedoch nicht für reine „Hinterlegungen“ wie im Fall der Gesellschafterliste. Die Beschwerde wurde deswegen als nicht statthaft zurückgewiesen. 

Praxishinweis

Im Verhältnis zur GmbH gelten die Personen als Gesellschafter, die in die beim Handelsregister hinterlegte Gesellschafterliste aufgenommen sind (§§ 16, 40 GmbHG, sog. Legitimationswirkung). Nur diese Personen können Gesellschafterrechte (z.B. Stimmrechte oder das Recht zur Teilnahme an Gesellschafterversammlungen) ausüben. Wegen dieser großen Bedeutung sind aktualisierte Gesellschafterlisten einzureichen, wenn es Änderungen bei den Gesellschaftern oder den Geschäftsanteilen gab. Für die Einreichung der neuen Gesellschafterliste ist entweder die Geschäftsführung zuständig (z.B. in Fällen einer Einziehung, Zusammenlegung oder Teilung von Geschäftsanteilen sowie beim Übergang von Geschäftsanteilen auf Erben) oder – wenn an der zugrundeliegenden Änderung ein Notar mitgewirkt hat – der Notar (z.B. bei Anteilsübertragungen oder Kapitalmaßnahmen). Das Registergericht darf die eingereichten Gesellschafterlisten grundsätzlich nur auf formelle Fehler überprüfen; eine Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit erfolgt nicht. 


Es kann vorkommen, dass inhaltlich unzutreffende Gesellschafterlisten eingereicht werden. Für die betroffenen Personen kann das einschneidende Folgen haben, denn selbst unrichtige Gesellschafterlisten begründen die Legitimationswirkung – im schlimmsten Fall sind dann Personen zur Ausübung von Gesellschafterrechten befugt die materiell nicht (mehr) Gesellschafter sind. Außerdem können die in der unrichtigen Gesellschafterliste ausgewiesenen Geschäftsanteile unter bestimmten Voraussetzungen gutgläubig von einem Dritten erworben werden. Aus diesem Grund sollte so schnell wie möglich eine Korrekturliste eingereicht werden, wenn der Fehler in der Gesellschafterliste bemerkt wird. Daneben kann der unrichtigen Gesellschafterliste (auch im Wege einstweiligen Rechtsschutzes) ein Widerspruch nach § 16 Abs. 3 GmbHG zugeordnet werden, um den gutgläubigen Anteilserwerb durch Dritte zu verhindern. Jedenfalls für die Zukunft können damit unerwünschte Rechtsfolgen vermieden werden.


Für die Vergangenheit ist eine Korrektur der Gesellschafterliste nicht möglich, was auch das OLG Brandenburg klargestellt hat. Zum Schutz des Rechtsverkehrs bleiben die in den Registerordner aufgenommenen Gesellschafterlisten (mit allen Anlagen) dauerhaft hinterlegt und zwar auch, wenn sie unrichtig sind. Dabei bleibt es – so das OLG Brandenburg – sogar dann, wenn mit der Gesellschafterliste versehentlich vertrauliche Informationen beim Registergericht eingereicht wurden. 
Aus diesem Grund ist bei der Einreichung einer Gesellschafterliste sorgfältig darauf zu achten, dass die enthaltenen Angaben zutreffend und keine vertraulichen Informationen enthalten sind. Denn ist die Gesellschafterliste (mit Anlagen) erst einmal im elektronischen Registerordner hinterlegt, bleibt sie dort auch und die Registergerichte werden sie im Regelfall nicht nachträglich ändern oder löschen.
Eine ähnliche Problematik gibt es bei größeren Beurkundungsvorgängen. Dort werden häufig mehrere Maßnahmen beurkundet, von denen rechtlich gesehen nur ein Teil dem Registergericht vorzulegen wäre. Das ist beispielsweise denkbar, wenn die Satzungsänderung einer GmbH oder AG mit einer Anteilsveräußerung oder dem Abschluss einer Gesellschaftervereinbarung kombiniert wird. In solchen Fällen sollte daran gedacht werden, die Notarurkunde nur auszugsweise an das Registergericht zu übersenden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die gesamte Notarurkunde (inklusive vertraulicher Regelungen zu Kaufpreisen, Gewinnverteilung, Sonderrechten o.Ä.) in den elektronischen Registerordner aufgenommen wird und dort – ggf. auch dauerhaft – öffentlich einsehbar ist. 

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Schlagworte zum Thema:  GmbH-Gesellschafter, Handelsregister