Einstweiliger Rechtsschutz bei Gesellschafterstreit

Gegen die Abberufung als Geschäftsführer oder den Ausschluss aus einer GmbH kann sich der Betroffene im einstweiligen Rechtsschutz zur Wehr setzen, wenn eine besondere Eilbedürftigkeit dargelegt werden kann. Hierfür gelten hohe Anforderungen.

Zum Sachverhalt

Hintergrund des vom OLG München entschiedenen Falls war ein Gesellschafterstreit in einer Zwei-Personen-GmbH. Einem der Gesellschafter, der zugleich Geschäftsführer war, wurden schwere Pflichtverletzungen vorgeworfen. Die zweite (Fremd-)Geschäftsführerin der Gesellschaft berief deswegen eine Gesellschafterversammlung ein, in der über die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer und die Einziehung seiner Geschäftsanteile – jeweils aus wichtigem Grund – entschieden werden sollte. Dort stimmte die Mitgesellschafterin des Klägers für die Abberufung und den Ausschluss, der Kläger dagegen. Die Geschäftsführerin, die die Versammlung leitete, stellte fest, dass der Kläger einem Stimmverbot unterliege und daher seine Abberufung und sein Ausschluss aus der Gesellschaft beschlossen seien.

Gegen beide Beschlüsse erhob der Kläger Anfechtungsklage. Außerdem beantragte er eine einstweilige Verfügung, mit der der GmbH die Anmeldung seiner Abberufung als Geschäftsführer beim Handelsregister und die Einreichung einer geänderten Gesellschafterliste untersagt werden sollte. Er beantragte im einstweiligen Rechtsschutzverfahren außerdem, bis zur Klärung der Hauptsacheklagen weiter als Gesellschafter und Geschäftsführer mit allen Rechten und Pflichten behandelt zu werden. Hiermit hatte er zunächst teilweise – nämlich in Bezug auf die Sicherung seiner Gesellschafterstellung – Erfolg. Gegen die Entscheidung legte die GmbH Berufung ein, über die das OLG München entschied.

Das Urteil des OLG München vom 02.12.2020 (Az. 7 U 4305/20)

Das OLG München gab der beklagten GmbH Recht. Aus Sicht des Gerichts hatte der Kläger in Bezug auf den drohenden Verlust seiner Geschäftsführer- und Gesellschafterstellung keine besondere Eilbedürftigkeit glaubhaft gemacht, die den Erlass einer einstweiligen Verfügung rechtfertigte.

Praxishinweis

Werden GmbH-Geschäftsführer vom Amt abberufen, Gesellschafter aus der GmbH ausgeschlossen oder Geschäftsanteile eingezogen, ist schnelles Handeln geboten. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Fakten geschaffen werden. Gerade die Hinterlegung einer geänderten Gesellschafterliste im Handelsregister hat gravierende Folgen, denn nur die in die Gesellschafterliste eingetragenen Personen können Gesellschafterrechte (z.B. Stimmrechte) wahrnehmen (§ 16 GmbHG, sog. Legitimationswirkung). Ist also eine (falsche) Gesellschafterliste erst einmal hinterlegt, verliert der Gesellschafter vorläufig alle Gesellschafterrechte und gewinnt diese erst zurück, wenn er mit seiner Klage gegen den Ausschließungs- bzw. Einziehungsbeschluss obsiegt. Das kann Monate oder Jahre dauern.

Um einen solchen Rechtsverlust zu vermeiden, müssen abberufene Geschäftsführer und ausgeschlossene Gesellschafter schnell handeln. Die Erhebung einer Anfechtungsklage allein schützt sie nicht. Zeitnahe Hilfe verspricht nur die Beantragung einer einstweiligen Verfügung gegen die Gesellschaft bzw. deren Geschäftsführung. Der vom OLG München entschiedene Fall ist ein gutes Beispiel für den „Werkzeugkasten“, der dem abberufenen Geschäftsführer / ausgeschlossenen Gesellschafter hierfür zur Verfügung steht. Geschäftsführer können im einstweiligen Rechtsschutz theoretisch eine Registersperre für ihre Abberufung erwirken oder die vorläufige Weiterbehandlung als Geschäftsführer. Gesellschafter können die Hinterlegung einer geänderten Gesellschafterliste verhindern und ihre Gesellschafterrechte durch eine einstweilige Verfügung vorläufig sichern. Es können auch einzelne Aspekte (z.B. einzelne Informations- oder Zutrittsrechte) abgesichert werden.

Das Urteil des OLG München zeigt zugleich, dass die Hürden im einstweiligen Rechtsschutzverfahren hoch sind. Weil es sich um ein Eilverfahren handelt, in dem nur eine eingeschränkte Beweisaufnahme erfolgt, sollen nur vorläufige Regelungen für besonders eilbedürftige Fälle getroffen werden. Die Antragsteller müssen daher nicht nur glaubhaft machen, dass ihre Abberufung / ihr Ausschluss unwirksam ist (sog. Verfügungsanspruch), sondern auch, dass ihnen ohne den Erlass der einstweiligen Verfügung irreparable Schäden drohen (sog. Verfügungsgrund). Gerade bei abberufenen Geschäftsführern ist die Glaubhaftmachung des Verfügungsgrundes äußerst schwierig; daher erreichen sie eine einstweilige Verfügung nur in Ausnahmekonstellationen (z.B. bei Sonderrechten auf Geschäftsführung in Zwei-Personen-Gesellschaften). Größere Aussicht auf Erfolg haben einstweilige Verfügungsanträge ausgeschlossener Gesellschafter, da die Hinterlegung einer geänderten Gesellschafterliste sie von der Wahrnehmung ihrer Gesellschafterrechte auf längere Sicht ausschließt (und zwar selbst dann, wenn der Ausschluss / die Einziehung unzulässig war). Auch hierbei ist aber Sorgfalt geboten, wie sich am Urteil des OLG München zeigt. Denn dort wäre nach der Satzung der Gesellschaft ein finaler Ausschluss des Klägers nur durch eine Ausschließungsklage möglich gewesen, die aber noch nicht erhoben war. Durch den bloßen Ausschließungsbeschluss war aus Sicht des Gerichts die Rechtsposition des Klägers noch nicht so dringend gefährdet, dass eine einstweilige Verfügung erforderlich war.  

Zusammengefasst gilt: Gerade Gesellschafter, die aus einer GmbH ausgeschlossen werden oder deren Geschäftsanteile eingezogen werden, können ihre Gesellschafterrechte im einstweiligen Rechtsschutzverfahren schnell sichern. Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung müssen aber sorgfältig gestaltet werden und die Besonderheiten des Einzelfalls (z.B. besondere Satzungsregelungen) berücksichtigen.  

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