Rz. 24

Seit dem 1.1.2010[26] gelten für alle Pflichtteilsberechtigten einheitliche Regelungen wegen der Pflichtteilsentziehungsgründe. Wesentliches Merkmal ist dabei, dass eine Pflichtteilsentziehung möglich ist bei einem schweren Fehlverhalten gegenüber dem Erblasser oder ihm nahestehenden Personen sowie bei allgemeinem schwerem sozialwidrigem Verhalten. Der Entziehungsgrund des "ehrlosen und unsittlichen Lebenswandels" wurde ersetzt durch die Entziehung bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr ohne Bewährung.[27] Bei Straftaten, die im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen wurden, gilt dasselbe.

 

Rz. 25

Die Pflichtteilsentziehung ist streng formgebunden und erfolgt nach § 2336 BGB durch letztwillige Verfügung. Gibt der Erblasser in anderer Form seinen Willen zur Pflichtteilsentziehung kund, ist dies unerheblich.[28] Es ist die Angabe eines die Pflichtteilsentziehung rechtfertigenden Kernsachverhalts im Testament erforderlich. Die Gründe, auf die die Entziehung gestützt wird, müssen konkretisiert sein, d.h. die Vorgänge müssen nach Ort und Zeit bestimmbar sein.[29] Wie umfangreich der Erblasser diese Gründe darstellen muss, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, insbesondere der Nachvollziehbarkeit der Motivation und der Wertvorstellungen des Erblassers für einen objektiven Betrachter. Je schwerer die Straftat, desto knapper kann die Darstellung ausfallen. Bei schwersten Straftaten kann sich die Motivation dabei schon aus der Tatbegehung selbst ergeben. Der Erblasser kann sich dann mit dem Hinweis auf die Begehung der Tat begnügen.[30]

Von der Pflichtteilsentziehung mit umfasst ist auch das Recht auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB, auf den Restpflichtteil nach §§ 2305, 2307 BGB und das Recht auf den Auskunftsanspruch nach § 2314 BGB.[31] Das Recht zur Pflichtteilsentziehung erlischt durch Verzeihung (§ 2337 BGB).

[26] Zur Rechtslage für Erbfälle bis einschließlich 31.12.2009 siehe Bittler, in Vorauflage.
[27] Vgl. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 12.12.2017 – 5 W 53/17, ZErb 2018, 69: Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten zur Bewährung genügt § 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB nicht.
[28] OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 4.1.2018 – 12 U 1668/17, ErbR 2018,280.
[31] Damrau/Tanck/Riedel, § 2333 Rn 47.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge