Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Anforderungen einer Pflichtteilsentziehung gemäß § 2336 Abs. 2 BGB.

 

Normenkette

BGB §§ 2333, 2336 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Homburg (Entscheidung vom 24.01.2017; Aktenzeichen 8 VI 526/14)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Homburg vom 24. Januar 2017 - 8 VI 526/14 - wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 190.000,- Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin nach ihrer am 16. Juli 2014 in St. W. verstorbenen Mutter H. E. R., geb. R., ausweist. Die Erblasserin war zum Zeitpunkt ihres Todes verwitwet. Sie hinterließ drei Kinder, darunter die Antragstellerin und den Beteiligten zu 2), ein weiterer Bruder ist nach Angaben der Antragstellerin bereits im Jahre 1968 verstorben. Der Beteiligte zu 2) ist mit Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 30. März 2010 - 4 KLs 69/09 - wegen schweren räuberischen Diebstahles in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt worden, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (Bl. 69 d.A.).

Nach dem Tode der Erblasserin eröffnete das Amtsgericht Homburg folgende beiden letztwilligen Verfügungen (Az. 8 IV 187/13):

- Ein handschriftliches "gemeinschaftliches Testament" der Erblasserin und ihres Ehemannes vom 13. Februar 1984, in dem sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben und ihre Kinder zu Erben des Längstlebenden einsetzten;

- Ein notarielles Testament der Erblasserin vom 7. März 2013, UR-Nr. .../... K des Notars Dr. K., H., in welchem diese dem Beteiligten zu 2) unter Berufung auf die §§ 2271, 2294, 2333 BGB der Pflichtteil entzog und die Antragstellerin unter Aufhebung der wechselbezüglichen Verfügung aus dem früheren Testament zur alleinigen Erbin einsetzte.

Hinsichtlich der Pflichtteilsentziehung heißt es in § 3 des notariellen Testaments vom 7. März 2013 (Bl. 13 d.A. 8 IV 187/13):

1. Meinem Sohn Herrn E. K. R. entziehe ich seinen Pflichtteil.

2. Mein Sohn E. K. R. wurde am 30.03.2010 vom Landgericht Saarbrücken wegen schweren räuberischen Diebstahls rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt. Die Freiheitsstrafe wurde für die Dauer von vier Jahren zur Bewährung ausgesetzt. Den Bewährungsauflagen kam er in der Folge nicht nach und wurde trotz mehrfacher Aufforderung nicht bei der Bewährungshilfe vorstellig, sodass das Landgericht Saarbrücken mit Beschluss vom 13.02.2012 die Aussetzung der Strafvollstreckung widerrief. Derzeit verbüßt mein Sohn E. K. R. seine Haftstrafe. Zudem wurden weitere Straftaten von meinem Sohn E. K. R. innerhalb meiner Familie begangen, wie bspw. Einbrüche in meine Wohnung und die Wohnung meiner Tochter sowie mehrfacher Diebstahl u.a. meines Schmucks, die jedoch nicht zur Anzeige gebracht wurden.

3. Die von meinem Sohn begangenen Straftaten laufen meinen persönlichen und in meiner Familie geltenden und gelebten Wertvorstellungen in hohem Maße zuwider. Zudem ziehen sie noch heute mein Familien- sowie Berufsleben in Mitleidenschaft. So sind bspw. Gläubiger nicht bereit, weitere Investitionen in den von mir betriebenen Hotel- und Gaststättenbetrieb "Landhaus R." zu ermöglichen. Aufgrund dieser Erlebnisse entwickelte sich bei mir zunehmend eine depressiv-ängstliche Störung; ich leide unter Unruhe, Schlafstörungen, Nervosität und Stimmungsschwankungen.

Aus diesen Gründen ist die Teilhabe meines Sohnes E. K. E. K. R. an meinem Nachlass unzumutbar.

4. Eine Verzeihung hat nicht stattgefunden.

Ich erkläre, dass eine künftige Verzeihung nur stattfinden wird, wenn ich eine Verzeihung ausdrücklich in einer neuen letztwilligen Verfügung von Todes wegen erklären werde.

Das Amtsgericht - Nachlassgericht - Homburg hat mit Beschluss vom 24. Januar 2017 (Bl. 60 d.A.) den Antrag auf Erteilung des Erbscheins zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Erblasserin habe die in dem gemeinschaftlichen Testament vom 13. Februar 1984 getroffene wechselbezügliche Verfügung zugunsten des Beteiligten zu 2) nicht wirksam aufheben können. Ein Pflichtteilsentziehungsgrund nach § 2333 Abs. 1 Nr. 4 BGB sei nicht gegeben, weil diese Bestimmung nur rechtskräftige Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung erfasse. Dass der Beteiligte zu 2) sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens im Sinne des § 2333 Abs. 1 Nr. 2 gegenüber dem Erblasser, dem Ehegatten des Erblassers, einem anderen Abkömmling oder einer dem Erblasser ähnlich nahe stehenden Person schuldig gemacht habe, bedürfe einer Betrachtung der Umstände im Einzelfall, die in dem notariellen Testament nicht ausreichend dargestellt worden seien.

Gegen diesen ihr am 28. Februar 2017 zugestellten Beschluss richtet sich die am 24. März 2017 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin. Sie ist der Auffassung, die Bestim...

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