Rz. 408

Der Berufungsbeklagte muss sich nur zu neuem Vorbringen des Berufungsklägers erklären. Es ist hingegen nicht erforderlich, den gesamten Vortrag des Berufungsklägers erneut zu bestreiten, da der erstinstanzliche Vortrag vom Berufungsgericht nach Maßgabe des Tatbestands des angefochtenen Urteils sowie des Parteivortrags zugrunde zu legen ist. Mitunter ist es gleichwohl häufig angezeigt, der auf eine rechtliche Neubewertung des Berufungsgerichts zielenden und daher gelegentlich tendenziösen Darstellung in der Berufungsbegründung entgegenzutreten und durch eine eigene – möglichst prozessual korrekte – Wiedergabe des Sachverhalts der vom Berufungskläger angestrebten Verlagerung der Beurteilungsschwerpunkte entgegenzuwirken.

 

Rz. 409

 

Hinweis

Für die notwendigen Tatsachenausführungen des Berufungsbeklagten in der Berufungserwiderung bedeutet dies, dass

er unter Wiederholung der aus seiner Sicht relevanten Teile des Tatsachenvortrages (den das Berufungsgericht ohnehin nach § 314 ZPO zugrunde legen muss) auf die Berufungsangriffe des Berufungsklägers erwidern und sich zu neuem Vorbringen des Berufungsklägers erklären sollte,
er keine Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen kann, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind (§ 531 Abs. 1 ZPO),
er neue Angriffs- und Verteidigungsmittel nach Maßgabe des § 531 Abs. 2 ZPO in den Rechtsstreit einführen kann.
 

Rz. 410

Trägt der Berufungsbeklagte in der Berufungserwiderung neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vor, muss er diese genau bezeichnen und darlegen, weshalb diese nach § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen sind. Für ihn gelten dabei dieselben Anforderungen wie für den Berufungskläger (näher Rdn 305 ff.).

 

Rz. 411

 

Hinweis

In taktischer Hinsicht muss der Berufungsbeklagte, der neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringt, im Einzelfall abwägen, ob ihm die Eröffnung eines weiteren Streitfeldes tatsächlich Vorteile einbringt oder lediglich weitere Vortragsmöglichkeiten für den Berufungskläger eröffnet. Erforderlich ist neuer Vortrag freilich immer dann, wenn er zur Verteidigung gegen neues Vorbringen des Berufungsklägers dient oder lediglich eine weitere eigene Verteidigungslinie aufbaut.

 

Rz. 412

Neue Aufrechnungserklärungen – für Klageänderungen und Widerklagen ist eine Anschlussberufung erforderlich – sind gem. § 533 ZPO für den Berufungsbeklagten nur zulässig, wenn:

der Gegner einwilligt oder das Gericht die Aufrechnung für sachdienlich hält und
die Aufrechnung auf Tatsachen gestützt wird, die das Berufungsgericht in seiner Verhandlung oder Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (näher Rdn 331 ff.).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge