Rz. 1549

Auch wenn nicht zuletzt durch die Pandemie der Einsatz von Video- oder Online- Beratungstools im Vordringen begriffen ist, wird die angestellte Vertriebskraft noch vielfach ein Kfz zur Ausführung ihrer Absatztätigkeit benutzen. Soweit ein Firmenwagen zur Verfügung gestellt wird, kann der Arbeitnehmer diesen nutzen oder den eigenen Wagen gebrauchen.

1. Verpflichtung zum Kfz-Einsatz

 

Rz. 1550

Ist vertraglich geregelt, dass der Arbeitnehmer zur Nutzung eines Kfz verpflichtet sein soll und dass er entweder einen Firmenwagen oder den Privatwagen dazu benutzen soll, gehört dies zu den Leistungspflichten des Arbeitnehmers und bedarf keiner weiteren Konkretisierung.

 

Rz. 1551

Im Allgemeinen wird der Arbeitnehmer im ambulanten Vertrieb seiner Arbeitspflicht nur unter Nutzung eines Kfz nachkommen können. Davon gehen die Parteien regelmäßig schon bei dem Abschluss des Vertrages aus. Problematisch ist jedoch, wenn eine entsprechende Vereinbarung im Vertrag fehlt. In diesem Fall kann die Verwendung eines Fahrzeuges vom Arbeitgeber mittels Direktionsrechtes konkretisiert werden. Kraft seines Direktionsrechtes kann der Arbeitgeber im Vertrag aber nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflichten des Arbeitnehmers im Einzelnen festlegen und dabei Zeit, Art und Ort der Arbeitsleistung bestimmen. Der Umfang des Direktionsrechtes wird eingegrenzt durch Gesetz, Kollektivrecht oder Arbeitsvertrag (LAG Schleswig-Holstein v. 23.1.2008 – 3 Sa 305/07, juris Rn 21). Auch wenn das auf dem Arbeitsvertrag beruhende Weisungsrecht des Arbeitgebers einen wesentlichen Bestandteil eines jeden Arbeitsverhältnisses bildet (BAG v. 28. 10.1999 – 6 AZR 269/98, juris Rn 29), ist der Arbeitgeber bei seiner Ausübung doch an die Grundsätze eines billigen Ermessens (§ 315 BGB) gebunden (BAG v. 27.3.1980, AP Nr. 26 zu § 611 BGB Direktionsrecht; s. zum Direktionsrecht auch § 21 Rdn 531 ff.). Die Ausübung des Direktionsrechts setzt voraus, dass die wesentlichen Umstände des Einzelfalles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden (BAG v. 23.1.1992 – 6 AZR 87/90, juris Rn 29). Unter Beachtung des billigen Ermessens kann der Arbeitgeber daher etwa anordnen, welches Beförderungsmittel genutzt werden soll, soweit dem keine gesetzlichen, kollektivrechtlichen oder arbeitsvertraglichen Bestimmungen entgegenstehen (BAG v. 29.8.1991, AP Nr. 38 zu § 611 BGB Direktionsrecht; Falkenberg, DB 1978, 1930, 1931). Wird dem Arbeitnehmer kein Firmenwagen zur Verfügung gestellt, ist der Arbeitgeber berechtigt, den Außendienstmitarbeiter anzuweisen, den eigenen Wagen zu nutzen. Der Arbeitnehmer muss nach dem regelmäßigen Vertragsinhalt davon ausgehen, zur Erfüllung seiner Vertriebspflichten auf ein Fahrzeug angewiesen zu sein, das zur Ausübung seiner Pflichten erforderlich ist und daher zu seiner Leistungspflicht gehört. Folglich muss er auch damit rechnen, das eigene Auto zu Hilfe nehmen zu müssen. Auch wenn eine entsprechende vertragliche Vereinbarung fehlt, muss der Arbeitgeber diesen Punkt als nur rahmenmäßig ausgestaltete Leistungspflicht mithilfe seines Direktionsrechtes näher konkretisieren können (Hunold, Arbeitsrecht im Außendienst, S. 73; Falkenberg, DB 1978, 1930, 1931).

2. Kostenerstattung

 

Rz. 1552

Ein im Vertrieb tätiger Arbeitnehmer hat zusätzlich zum Lohnanspruch einen Anspruch auf die Erstattung der ihm entstehenden Reisekosten gegen den Arbeitgeber. Dieser Anspruch richtet sich entweder nach den im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen oder bei Fehlen solcher nach § 670 BGB analog (LAG Hamm v. 30.1.2016 – 5 Sa 1437/15, EversOK Ls. 59; LAG Düsseldorf v. 30.7.2009 – 15 Sa 268/09, EversOK Ls. 3, 10).

Hierzu gehören die Reisekosten des Arbeitnehmers, die ihm bei der Ausführung seiner Vertriebstätigkeit zwangsläufig entstehen. Diese sind insbesondere dann zu ersetzen, wenn mit dem Arbeitnehmer ein Einsatz im gesamten Bundesgebiet vereinbart ist. In diesem Fall trägt der Arbeitgeber auch ohne besondere Vereinbarung die Fahrtkosten zu den weit entfernt liegenden Einsatzstätten. Der Erstattungsanspruch kann auch nicht vertraglich ausgeschlossen werden. Der Arbeitnehmer muss allerdings einen Nachweis über die Kosten erbringen. Die zu ersetzenden Kosten können auch durch eine entsprechende Vergütung mit abgegolten werden. Diese muss aber so ausgestaltet sein, dass sie die Kosten angemessen abdecken kann (OLG Düsseldorf v. 22.1.1987 – 8 U 238/85, DB 1987, 1846; ArbG Wetzlar v. 21.1.1993 – 1 Ca 602/92, ARST 1993, 136; Hohn, DB 1981, Beil. 10, 5).

Der Aufwendungsersatzanspruch bestimmt sich entsprechend § 670 BGB nach den tatsächlichen entstandenen Aufwendungen, nicht nach einer steuerlichen Pauschale (LAG Hamm v. 30.1.2016 – 5 Sa 1437/15, EversOK Ls. 59; LAG Düsseldorf v. 30.7.2009 – 15 Sa 268/09, EversOK Ls. 42). Es sind nur solche Aufwendungen zu ersetzen, die nicht durch die Arbeitsvergütung abgegolten sind (vgl. LAG Hamm v. 30.1.2016 – 5 Sa 1437/15, EversOK Ls. 11; Küttner/Griese, Personalhandbuch, Aufwendungsersatz, Rn 1). Fehlt eine weitergehende Absprache der Parteien, kann nic...

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