Rz. 578

Gleichwohl kann der Beschluss des Gesamtaufsichtsrats über die Vorstandsbestellung unwirksam sein. Dies ist dann der Fall, wenn ein (oder mehrere) AR-Mitglied(er) unwirksam in den Aufsichtsrat gewählt wurden, und es auf diese Stimme(n) bei der Bestellung des Vorstands ankam (vgl. BGH v. 19.2.2013 – II ZR 56/12). Obwohl sich dies der Risikosphäre des Vorstandsmitglieds entzieht, schließlich hat er keinerlei Einfluss auf die Wahlen zum Aufsichtsrat durch die Hauptversammlung, wirkt sich dies bei ihm als unwirksam bestelltes Vorstandsmitglied aus (s. auch den Hinweis, unten Rdn 580).

 

Rz. 579

Bezüglich der Zusammensetzung des Aufsichtsrats ist die neue Rechtslage aufgrund der Aktienrechtsnovelle vom 22.12.2015 (BGBl I, 2565) zu berücksichtigen. § 95 S. 3 AktG wurde neu gefasst. Die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder muss nur noch durch drei teilbar sein, wenn dies zur Erfüllung mitbestimmungsrechtlicher Vorgaben erforderlich ist. Insbesondere kleine Aktiengesellschaften können nunmehr auf Grundlage des neuen § 95 S. 3 AktG die Mindestzahl der Mitglieder ihres Aufsichtsrats von drei Aufsichtsratsmitgliedern um einige beliebige Anzahl, beispielsweise auf vier oder fünf AR-Mitglieder, vergrößern. Es ist nicht mehr eine Verdoppelung gleich auf sechs Aufsichtsratsmitglieder erforderlich, weil die Voraussetzung der Drei-Teilbarkeit entfallen ist.

 

Rz. 580

 

Hinweis (Risiko für das Vorstandsmitglied bei einem unwirksam gewählten Aufsichtsrat der Kapitalseite)

1. Ein AR-Beschluss, in dem Herr/Frau XY zum Vorstand bestellt wird, kann sich als unwirksam herausstellen.
2. Dies ist dann der Fall, wenn einzelne oder mehrere AR-Mitglieder unwirksam in den AR gewählt worden sind (= unwirksamer Wahlbeschluss der Hauptversammlung) und es bei der Beschlussfassung im Aufsichtsrat über die Bestellung des Vorstands auf die Stimme(n) ankam (= unwirksamer Aufsichtsratsbeschluss zur Vorstandsbestellung). Denn nach der Rspr. des BGH ist ein AR-Mitglied, dessen eigene Wahl nichtig ist, für die Stimmabgabe und Beschlussfassung über die Vorstandsbestellung als Nichtmitglied anzusehen (BGH v. 19.2.2013 – II ZR 56/12).
3. Der unwirksam bestellte Vorstand ist hinsichtlich seiner Vergütung und seiner Befugnis zu Geschäftsführung durch die Grundsätze über die fehlerhafte Bestellung geschützt.
4. Der nach der Aufdeckung der Nichtigkeit der AR-Wahl dann rechtmäßig zusammengesetzte AR kann die fehlerhafte Bestellung bestätigen, kann sie aber auch ebenso wie der Vorstand beenden. Der BGH begründet dies damit, dass es im Interesse der Gesellschaft liege, an einem Vorstand, der durch einen nicht rechtmäßig, z.B. lediglich von einer Minderheit gewählten AR bestimmt worden ist, nicht auch noch festhalten zu müssen.

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