Rz. 157

Die Erstellung eines Nachlassverzeichnisses durch den Testamentsvollstrecker hat unverzüglich, mithin ohne schuldhaftes Zögern i.S.d. § 121 Abs. 1 BGB, zu erfolgen. Der Testamentsvollstrecker darf also nicht abwarten, bis er das Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt erhält. Kommt es aber bei der Erfassung der Vermögenswerte zu erheblichen Schwierigkeiten, kann sich die Frist angemessen verlängern. Allerdings muss der Testamentsvollstrecker alle Anstrengungen unternehmen, um dem Erben so schnell wie möglich das Nachlassverzeichnis vorzulegen.[228]

 

Rz. 158

Die Mitteilung zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses hat zudem nach der Annahme des Amtes zum Testamentsvollstrecker unaufgefordert zu erfolgen. Hat der Testamentsvollstrecker sein Amt gekündigt und noch kein Verzeichnis erstellt, so muss er dieses nicht nachträglich vorlegen. Kommt der Erbe (insbesondere aber der Vermächtnisnehmer) durch das Nichterstellen eines Nachlassverzeichnisses allerdings zu Schaden (der schwer zu beweisen ist), muss aber der zur Unzeit kündigende Testamentsvollstrecker mit Haftungsansprüchen der Erben gem. § 2219 BGB rechnen.

 

Rz. 159

Nach dem Wortlaut besteht die Verpflichtung zur Übermittlung eines Nachlassverzeichnisses nur gegenüber dem Erben. Ein Nacherbe hat den Anspruch nach Eintritt des Erbfalls. Ebenso hat ein Anspruch ein Pfändungspfandgläubiger des Erbteils, wie auch dem Nießbrauchsberechtigten an einem Erbteil oder an einer Erbschaft (vgl. §§ 1035, 1068 BGB).

 

Rz. 160

Weitere Dritte, wie bspw. Pflichtteilsberechtigte, Vermächtnisnehmer oder Auflagenbegünstigte sollen die Übermittlung eines Nachlassverzeichnisses nicht verlangen können. Dem kann nicht gefolgt werden. Richtigerweise kann sich aus der Haftungsvorschrift des § 2219 BGB die mittelbare Verpflichtung ergeben, dem Vermächtnisnehmer oder auch Wertauflagenbegünstigten ein Nachlassverzeichnis im Einzelfall vorzulegen.

 

Rz. 161

Aufgrund von § 2220 BGB kann der Erblasser den Testamentsvollstrecker von seiner Verpflichtung zur Übermittlung des Nachlassverzeichnisses nicht befreien. Hingegen kann der Erbe seinerseits auf ein Nachlassverzeichnis verzichten. Ein derartiger Verzicht kann auch konkludent erfolgen, wobei jedoch allein vom Zeitablauf her nicht von einem Verzicht ausgegangen werden kann. Vielmehr müssen weitere Umstandsmomente hinzukommen.

[228] BayObLG ZEV 1997, 381.

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