Rz. 81

§ 75 Abs. 2 HGB gibt dem Arbeitnehmer ("in gleicher Weise") das Recht zu Lösung des Wettbewerbsverbotes in allen Fällen, in denen der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt. Dies gilt nicht, wenn es sich um einen Fall der außerordentlichen Kündigung wegen erheblicher, durch den Arbeitnehmer veranlasster Gründe handelt (dann analoge Anwendung des § 75 Abs. 1 HGB) oder der Arbeitgeber bei der Kündigung seine Bereitschaft erklärt, für die Dauer des Wettbewerbsverbotes die vollen, zuletzt vom Arbeitnehmer bezogenen Bezüge anstelle der ansonsten nur regelmäßig in Höhe von 50 % der Bezüge bestehenden Karenzentschädigung fortzuzahlen. Solche erheblichen, in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründe müssen keine vertragswidrigen Verhaltensweisen sein. Es kommen alle personen- und verhaltensbedingte Kündigungsgründe in Betracht.[86]

 

Rz. 82

Für alle sonstigen Fälle der ordentlichen Kündigung des Arbeitgebers, auf die die beiden Bereichsausnahmen nicht zutreffen, gilt somit § 75 Abs. 2 HGB. Die Norm findet auf alle Fallgestaltungen Anwendung, in denen der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung ausspricht sowie auf Fälle, in denen er eine außerordentliche Kündigung ausspricht, die gleichwohl nicht zur Anwendung des § 75 Abs. 1 HGB führt. Dies ist dann gegeben, wenn eine außerordentliche Kündigung nicht auf vertragswidrigem Verhalten des Arbeitnehmers beruht. Auf die Wirksamkeit der Kündigung kommt es nicht an. Entscheidend ist lediglich, dass der Arbeitgeber eine entsprechende Kündigung ausspricht.[87] Wie auch in allen anderen Fällen der Lösung vom Wettbewerbsverbot entfällt das Wettbewerbsverbot nicht von selber. Vielmehr muss die Lösung ausdrücklich erklärt werden. Dies ergibt sich aus dem Verweis auf § 75 Abs. 1 HGB ("in gleicher Weise"). Der Arbeitnehmer muss durch rechtsgeschäftliche, empfangsbedürftige und formbedürftige Erklärung die Lösung vom Wettbewerbsverbot erklären; andernfalls bleibt er an das Wettbewerbsverbot gebunden.

 

Rz. 83

 

Praxishinweis

Der anwaltliche Berater sollte beachten, dass das Wettbewerbsverbot nicht von selber entfällt und deshalb veranlassen, dass eine entsprechende bestimmende Erklärung des Arbeitnehmers abgegeben wird. Der Arbeitnehmer trägt ansonsten das Risiko seiner wettbewerbswidrigen Handlungen.

 

Rz. 84

Die weiteren Folgen bestimmen sich nach § 75 Abs. 1 HGB (siehe Rdn 72 ff.).

 

Rz. 85

Übt der Arbeitnehmer sein Lösungsrecht nach § 75 Abs. 2 HGB im Falle einer ordentlichen Beendigungskündigung aus und beruft sich der Arbeitgeber darauf, dass ein solches Lösungsrecht wegen eines erheblichen Anlasses in der Person des Arbeitnehmers nicht bestanden habe, trägt für die Ausübung des Lösungsrechtes der Arbeitnehmer die Beweislast. Für die erhobenen Gegeneinwände trägt die Beweislast der Arbeitgeber.[88] Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Formulierung "es sei denn".

[86] Bauer/Diller, Rn 665.
[87] Bauer/Diller, Rn 663.
[88] MüKo-HGB/Thüsing, § 75 Rn 14; Bauer/Diller, Rn 667.

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