Rz. 72

Setzt der Arbeitgeber einen wichtigen Grund zur Beendigung des Dienstverhältnisses gem. § 626 Abs. 1 BGB, hat der Arbeitnehmer hinsichtlich des Wettbewerbsverbotes ein Wahlrecht. Er kann sich zum einen an das Wettbewerbsverbot halten und auf Zahlung der Karenzentschädigung bestehen. Er kann zum anderen das Recht zum Widerruf gem. § 75 Abs. 1 HGB ausüben.

 

Rz. 73

Die Ausübung des Wahlrechtes nach § 75 Abs. 1 HGB setzt lediglich voraus, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis aufgrund eines vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers beendet. Ob dies unter Nutzung der durch § 626 BGB gegebenen Möglichkeit außerordentlich, fristlos erfolgt oder ordentlich, ist unerheblich. Es muss lediglich objektiv ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitgebers vorliegen, das den Arbeitnehmer auch zur außerordentlichen Kündigung berechtigt hätte. Das Lösungsrecht nach § 75 Abs. 1 HGB besteht unter diesen Umständen auch dann, wenn der Arbeitnehmer eine ordentliche Kündigung ausspricht oder vor Gericht einen Auflösungsantrag stellt.[82]

 

Rz. 74

Die Lösungserklärung nach § 75 Abs. 1 HGB ist eine form- und empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie verlangt Schriftform und den Zugang beim Arbeitgeber.

 

Rz. 75

Die Lösungserklärung muss innerhalb von einem Monat nach der Kündigung ausgesprochen werden. Der Fristbeginn stellt auf den Zugang der Kündigung beim Arbeitgeber ab.

 

Rz. 76

 

Praxishinweis

Kommt es nach Ausspruch einer Kündigung zu einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Kündigung und vergleichen sich die Parteien im Rechtsstreit auf ein Ende des Arbeitsverhältnisses, kann es problematisch sein, ob ein neues Lösungsrecht des Arbeitnehmers nach § 75 Abs. 1 HGB erwächst.[83] Aus diesem Grunde sollte in einem solchen Vergleich das Schicksal des Wettbewerbsverbotes mit geregelt werden.

Die Erklärung des Arbeitnehmers nach § 75 Abs. 1 HGB wirkt ex tunc. Erfolgt die Erklärung also zum spätest möglichen Zeitpunkt (einen Monat nach Zugang der Kündigung) bei einer außerordentlichen Kündigung, wird aufgrund der Erklärung der Arbeitnehmer rückwirkend zur rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Einhaltung des Wettbewerbsverbotes frei. Eventuell bis zu diesem Zeitpunkt gezahlte Karenzentschädigungen sind nach § 812 Abs. 1 S. 2 BGB zurückzugewähren.

[82] BAG v. 26.9.1963, AP Nr. 1 zu § 75 HGB; Wertheimer, NZA 1997, 524; Bauer/Diller, Rn 628.
[83] BAG v. 26.1.1973, AP Nr. 4 zu § 75 HGB; vgl. hierzu OLG Schleswig v. 17.3.2000, NZG 2000, 894; Bauer/Diller, Rn 634.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge