Rz. 77

Die Rechtsfolgen einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitgebers bestimmen sich dem Gesetzeswortlaut zufolge nach § 75 Abs. 3 HGB. Danach hat der Arbeitgeber im Falle einer außerordentlichen Kündigung wegen vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers ein Wahlrecht hinsichtlich des Wettbewerbsverbotes. Ungeachtet dessen entfällt nach § 75 Abs. 3 HGB der Anspruch des Arbeitnehmers auf Karenzentschädigung.

 

Rz. 78

Das BAG hat § 75 Abs. 3 HGB für verfassungswidrig und nichtig erklärt.[84] Die Vorschrift stellt entgegen Art. 3 GG den Arbeitnehmer schlechter als den Arbeitgeber. Während der Arbeitnehmer im Falle der außerordentlichen Kündigung nur ein Wahlrecht zwischen Fortbestehen und Wegfall des Wettbewerbsverbotes hat, soll nach dem Gesetzeswortlaut der Arbeitgeber die Möglichkeit haben, am Wettbewerbsverbot festzuhalten, ohne jedoch eine Karenzentschädigung zahlen zu müssen.

 

Rz. 79

Durch den Wegfall des § 75 Abs. 3 HGB entsteht eine Regelungslücke. Diese Lücke wird durch eine analoge Anwendung des § 75 Abs. 1 HGB auch auf Fälle des § 75 Abs. 3 HGB geschlossen.[85] Hat also der Arbeitnehmer durch vertragswidriges Verhalten Grund zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB gegeben, stehen dem Arbeitgeber dieselben Rechte zu, wie dem Arbeitnehmer im vergleichbaren Fall (siehe Rdn 72 ff.).

 

Rz. 80

Obwohl § 75 Abs. 3 HGB nichtig ist, stellt die durch Richterrecht geschaffene analoge Anwendung des § 75 Abs. 1 HGB für Fälle, in denen der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich wegen vertragswidrigem Verhaltens des Gehilfen kündigt oder kündigen könnte eine abschließende Regelung für diesen tatbestandlichen Anwendungsbereich dar. Die Berechtigung hierzu ergibt sich aus § 75 Abs. 2 S. 1 HGB (“es sei denn, dass für die Kündigung ein erheblicher Anlass in der Person des Gehilfen vorliegt“).

[84] BAG v. 23.2.1977, AP Nr. 6 zu § 75 HGB.
[85] BAG v. 23.2.1977, AP Nr. 6 zu § 75 HGB; BAG v. 19.5.1998, AP Nr. 10 zu § 75 HGB.

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