Rz. 104

Für Personenhandelsgesellschaften sieht § 140 HGB vor, dass Gesellschafter, in deren Person ein wichtiger Grund i.S.d. § 133 HGB vorliegt, aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden können. Da § 140 HGB dispositiven Charakter hat, sind abweichende Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag möglich.[226] Erschwerungen sowie die völlige Streichung einer Ausschlussmöglichkeit[227] sind ebenso zulässig wie Abwandlungen des gesetzlich vorgesehenen Verfahrens.[228]

 

Rz. 105

So kann z.B. auch für die OHG bzw. KG – ebenso wie dies in § 737 BGB für die GbR vorgesehen ist – vereinbart werden, dass die Ausschließung durch bloßen Gesellschafterbeschluss oder durch die Erklärung einzelner Gesellschafter oder Gesellschaftergruppen erfolgen kann.[229] Gerade bei Publikumspersonengesellschaften ist aber auch ohne ausdrückliche Regelung davon auszugehen, dass eine Klage gegen den auszuschließenden Gesellschafter entbehrlich ist und die Ausschließung grundsätzlich durch Mehrheitsbeschluss der übrigen Gesellschafter erfolgt.[230] Darüber hinaus kann vereinbart werden, dass eine Feststellungsklage auf Überprüfung der Wirksamkeit des Ausschlusses nur innerhalb einer bestimmten Frist nach dessen Mitteilung erhoben werden kann.[231]

 

Rz. 106

Von besonderem Gewicht ist die Möglichkeit, wichtige Gründe, die in jedem Fall, also ohne dass es einer weitergehenden Abwägung bedürfte, eine Ausschließung des Gesellschafters rechtfertigen sollen, gesellschaftsvertraglich zu definieren.[232] Dies geht jedoch nicht so weit, dass auch eine Ausschließung nach freiem Ermessen, also ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes, wirksam vereinbart werden könnte (vgl. auch Rdn 122).[233]

 

Rz. 107

Dieselben Schranken gelten auch hinsichtlich Zwangseinziehungs- oder Zwangsabtretungsklauseln bei der GmbH.[234] Bei der Aktiengesellschaft ist die Zwangseinziehung von Aktien (nur) als Unterform der ordentlichen Kapitalherabsetzung (§§ 237 bis 239 AktG) möglich. Voraussetzung ist aber, dass diese Art der Einziehung in der Satzung ausdrücklich angeordnet oder gestattet ist.[235]

[226] Kindler, in: Koller/Kindler/Roth/Morck, HGB, § 140 Rn 6; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 140 Rn 28; MüKo-HGB/K. Schmidt, § 140 Rn 88 m.w.N.
[227] BGH v. 9.12.1968 – II ZR 42/67, BGHZ 51, 204, 205; Goette, Anmerkungen zum BGH-Urteil vom 3.2.1997 – II ZR 71/96, DStR 1997, 1093; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 140 Rn 28.
[228] Kindler, in: Koller/Kindler/Roth/Morck, HGB, § 140 Rn 6; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 140 Rn 28; MüKo-HGB/K. Schmidt, § 140 Rn 89 m.w.N.
[229] BGH v. 3.2.1997 – II ZR 71/96, NJW-RR 1997, 925; Kindler, in: Koller/Kindler/Roth/Morck, HGB, § 140 Rn 6; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 140 Rn 30; Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963, S. 190 ff.
[230] MüKo-HGB/K. Schmidt, § 140 Rn 91; Lorz, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 140 Rn 47.
[231] Vgl. hierzu BGH v. 20.1.1977 – II ZR 217/75, BGHZ 68, 212, 216; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 140 Rn 30.
[232] MüKo-HGB/K. Schmidt, § 140 Rn 94; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 140 Rn 30 m.w.N.; Lorz, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 140 Rn 52; Schöne, Gesellschafterausschluss bei Personengesellschaften, S. 115 ff.
[234] Vgl. z.B. BGH v. 17.9.2001 – II ZR 245/99, DStR 2001, 1898; Lutter, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 34 Rn 28 f.; MüKo-GmbHG/Strohn, § 34 Rn 42 m.w.N.
[235] Koch, in: Hüffer/Koch, AktG, § 237 Rn 6 f.; Lutter, in: Kölner Kommentar zum AktG, § 237 Rn 32 f.; MüKo-AktG/Oechsler, § 237 Rn 12–15.

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