Rz. 46

Ein gegen den Vorerben ergangenes Urteil wirkt nur unter den Voraussetzungen des § 326 ZPO gegen den Nacherben. § 325 ZPO greift nicht ein, da der Nacherbe Rechtsnachfolger des Erblassers, nicht aber des Vorerben ist.

§ 326 ZPO setzt zunächst voraus, dass das fragliche Urteil vor Eintritt des Nacherbfalls rechtskräftig geworden ist.

 

Rz. 47

Im Übrigen ist zu unterscheiden:

Ist Streitgegenstand des Prozesses eine Nachlassverbindlichkeit (§ 1967 Abs. 2 BGB), so wirkt nur ein dem Vorerben günstiges Urteil auch gegenüber dem Nacherben (§ 326 Abs. 1 Alt. 1 ZPO).

Betrifft das Urteil demgegenüber einen Nachlassgegenstand, so wirkt es stets für und gegen den Nacherben, wenn der Vorerbe ohne dessen Zustimmung über den Streitgegenstand verfügen konnte (§ 326 Abs. 2 ZPO).

Soweit der Vorerbe nach §§ 2113 f. BGB in der Verfügung über den Streitgegenstand beschränkt ist, tritt die Rechtskrafterstreckung nur bei einem dem Nacherben günstigen Urteil ein (§ 326 Abs. 1 Alt. 2 ZPO).

Ein teilweise günstiges, teilweise ungünstiges Urteil wirkt nur in seinem günstigen Teil auch gegenüber dem Nacherben.[62] Voraussetzung ist allerdings, dass der Streitgegenstand teilbar ist, mithin über den günstigen Teil ein Teilurteil hätte ergehen können.[63]

 

Rz. 48

Soweit eine Entscheidung auch gegen den Nacherben wirkt, erteilt das Vollstreckungsgericht aufgrund der §§ 728 Abs. 1, 727 ZPO eine entsprechende Vollstreckungsklausel.

Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs (§ 724 Abs. 2 ZPO), im Mahnverfahren das Gericht, das den Vollstreckungsbescheid erlassen hat.[64]

Der Nachweis sämtlicher Voraussetzungen für die Klauselerteilung ist dabei durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden zu führen (§ 727 Abs. 1 ZPO). Dies kann dem Gläubiger Schwierigkeiten bereiten, etwa, wenn durch Urkunden nicht zu klären ist, ob der Streitgegenstand Teil der Erbschaft oder des Eigenvermögens des Vorerben ist. In diesem Fall kann der Gläubiger beantragen, den Nacherben im Klauselverfahren nach § 730 ZPO zu hören und diesen zugleich aufzufordern, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Klauselerteilung (Rechtskraft des Urteils vor Eintritt der Nacherbfolge, Nachlassverbindlichkeit als Prozessgegenstand, Gegenstand unterliegt der Nacherbfolge, Verfügungsbefugnis des Vorerben) zuzugestehen. Der Nachweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden ist bei zugestandenen Tatsachen dann entbehrlich.

 

Rz. 49

Lehnt das Vollstreckungsgericht die Erteilung einer Vollstreckungsklausel gegen den Nacherben ab, so kann Klage auf Erteilung einer Vollstreckungsklausel erhoben werden, § 731 ZPO. Zuständig ist das Prozessgericht des ersten Rechtszugs. Bei der Klauselklage handelt es sich um eine Feststellungsklage dahin gehend, dass hinsichtlich der streitbefangenen Forderungen bzw. des streitbefangenen Gegenstands Nacherbfolge eingetreten ist.

[62] MüKo/Lieder, § 2100 Rn 46.
[63] Musielak/Voit/Musielak, § 326 Rn 2; Zöller/Vollkommer, § 326 Rn 2.

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