A. Überblick

 

Rz. 1

In Familiensachen ist die Vollstreckung zweispurig geregelt.

 

Rz. 2

Überwiegend folgt die Vollstreckung den Vorschriften der ZPO, und zwar

in Ehe- und Familienstreitsachen (§ 120 Abs. 1 FamFG),
in Verfahren nach dem GewSchG betreffend Unterlassungen (§ 96 Abs. 1 FamFG) und

in den übrigen Familiensachen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit gem. § 95 Abs. 1 FamFG, bei Vollstreckung

wegen einer Geldforderung,
zur Herausgabe einer beweglichen oder unbeweglichen Sache,
zur Vornahme einer vertretbaren oder nicht vertretbaren Handlung,
zur Erzwingung von Duldungen oder Unterlassungen,
zur Abgabe einer Willenserklärung.
 

Rz. 3

Nach den Vorschriften der §§ 88 ff. FamFG wird vollstreckt in den sonstigen Fällen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 87 Abs. 1 S. 1 FamFG), insbesondere bei Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs (§§ 8894 FamFG).

 

Rz. 4

Für die Vergütung des Anwalts ist die Unterscheidung letztlich irrelevant, da in allen Vollstreckungsverfahren dieselben Gebühren gelten. Abgerechnet wird nach den Nrn. 3309, 3310 VV. Hinzukommen kann eine Einigungsgebühr.

B. Gegenstandswerte

I. Überblick

 

Rz. 5

Die Gegenstandswerte in der Vollstreckung richten sich nicht nach dem GKG oder FamGKG. Weder das GKG noch das FamGKG sehen entsprechende Wertvorschriften vor, da sich die Gerichtsgebühren in Vollstreckungsverfahren nicht nach dem Verfahrenswert richten. Es sind vielmehr Festgebühren oder gar keine Gebühren vorgesehen. Daher sind in § 25 RVG für die Anwaltsgebühren gesonderte Wertvorschriften für die Vollstreckung geregelt. Im Falle einer Zahlungsvereinbarung gilt § 31b RVG.

 

Rz. 6

Die Festsetzung eines Verfahrenswerts nach den §§ 55 ff. FamGKG ist in diesen Verfahren daher nicht zulässig.[1]

 

Rz. 7

Setzt das Gericht in diesen Fällen dennoch von Amts wegen einen Verfahrenswert fest, ist eine solche Festsetzung gegenstandslos und entfaltet auch keine Wirkung für die Anwaltsgebühren.[2]

 

Rz. 8

Auf eine Beschwerde nach § 59 FamGKG ist der dahin gehende Rechtsschein aufzuheben[3]

[1] OLG Frankfurt AGS 2017, 284 = FuR 2016, 179; OLG Naumburg AGS 2015, 523; zur vergleichbaren Lage im Verwaltungsrecht siehe auch VG München, Beschl. v. 24.2.2017 – M 5 V 16.5324; Bayerischer VGH AGS 2015, 131 = RVGreport 2015, 156.
[2] OLG Karlsruhe AGS 2009, 401 = OLGR 2009, 453 = MDR 2009, 587 = JurBüro 2009, 314 = NJW-RR 2009, 1366; Bayerischer VGH AGS 2015, 131 = RVGreport 2015, 156; AGS 2017, 139 = NJW-Spezial 2017, 221.
[3] Bayerischer VGH AGS 2015, 131 = RVGreport 2015, 156; AGS 2017, 139 = NJW-Spezial 2017, 221; a.A. OLG Karlsruhe AGS 2009, 401 = OLGR 2009, 453 = MDR 2009, 587 = JurBüro 2009, 314 = NJW-RR 2009, 1366, wonach mangels Bindung noch nicht einmal die Beschwerde zulässig ist.

II. Geldforderung

1. Fällige Geldforderung

 

Rz. 9

Bei fälligen Geldforderungen ist der Wert der zu vollstreckenden Forderung einschließlich der Nebenforderungen maßgebend (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG). Hierzu zählen insbesondere aufgelaufene Zinsen sowie die Kosten vorausgegangener Vollstreckungsversuche.

 

Beispiel 1: Gegenstandswert bei verzinslicher Forderung

Der Anwalt vollstreckt im Auftrag der Ehefrau gegen den Ehemann aus einem Beschluss des FamG über 3.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 6 % seit dem 1.1. Der Vollstreckungsauftrag wird am 1.11. vom Anwalt eingereicht.

Der Gegenstandswert berechnet sich nach § 25 Abs. 1 Nr. 1, 1. Hs. RVG. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Einreichung des Vollstreckungsantrags (analog § 34 FamGKG). Entgegen § 37 Abs. 1 FamGKG werden die bis zur Einreichung des Vollstreckungsantrags fälligen Zinsen hinzugerechnet. Es ergibt sich somit ein Gegenstandswert in Höhe von

 
1. Hauptforderung   3.000,00 EUR
2. Zinsen vom 1.1. bis zum 1.11.   150,00 EUR
Summe 3.150,00 EUR
 

Beispiel 2: Gegenstandswert nach vorausgegangener Vollstreckungsmaßnahme

Wie vorangegangenes Beispiel 1; jedoch war die erste Vollstreckung fruchtlos verlaufen. Am 1.12. beantragt der Rechtsanwalt auftragsgemäß eine Gehaltspfändung.

Für den weiteren Vollstreckungsauftrag kommen jetzt neben der Hauptforderung die bis zur Einreichung des weiteren Vollstreckungsauftrags fälligen Zinsen sowie die Kosten des vorangegangenen Vollstreckungsauftrags (§ 25 Abs. 1 Nr. 1, 1. Hs. RVG) hinzu. Der Gegenstandswert beläuft sich also auf

 
1. Hauptforderung   3.000,00 EUR
2. Zinsen vom 1.1. bis zum 1.12.   165,00 EUR
3. Kosten des vorherigen Vollstreckungsversuchs    
  a) 0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV 75,60 EUR  
  (Wert: 3.150,00 EUR)    
  b) Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV 15,12 EUR  
  Zwischensumme 90,72 EUR  
  c) 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV 17,24 EUR  
  Gesamt   107,96 EUR
Summe   3.272,96 EUR
 

Rz. 10

Beschränkt sich der Vollstreckungsauftrag darauf, einen bestimmten Gegenstand zu verwerten, so ist lediglich dieser Wert maßgebend, sofern er geringer ist als die zu vollstreckende Geldforderung.

 

Beispiel 3: Vollstreckungsauftrag in einen geringer wertigen Gegenstand

Die Ehefrau erteilt dem Anwalt den Auftrag, wegen einer Zugewinnausgleichsforderung in Höhe von 10.000,00 EUR in einen Pkw des Ehemannes im Wert von 2.500,00 EUR zu pfände...

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