Leitsatz (amtlich)

Für Verfahren über Anträge auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung gem. § 888 ZPO bedarf es aufgrund der Festgebühr nach Nr. 2111 KV GKG keiner Wertfestsetzung. Eine Festsetzung des Werts der anwaltlichen Tätigkeit setzt einen entsprechenden Antrag voraus. Trotz der nicht selten begrenzten Wirkung des Zwangsverfahrens entspricht dieser Wert dem ungeteilten Erfüllungsinteresse des Gläubigers an der titulierten Verpflichtung, deren Erfüllung erwirkt werden soll.

 

Verfahrensgang

LG Stendal (Beschluss vom 30.06.2014; Aktenzeichen 21 O 58/13)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Einzelrichters der Zivilkammer 1 des LG Stendal vom 16.5.2014 wird der Nichtabhilfebeschluss des Einzelrichters der Zivilkammer 1 des LG Stendal vom 30.6.2014 aufgehoben und insoweit das Verfahren zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

 

Gründe

I. Die Gläubigerin hat mit anwaltlichem Schriftsatz vom 24.3.2014 die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen die Schuldnerin gem. § 888 ZPO beantragt. Der Antrag wurde mit Beschluss des Einzelrichters der Zivilkammer 1 des LG Stendal vom 16.5.2014 zurückgewiesen. Mit Beschluss vom selben Tag wurde der "Streitwert für den Vollstreckungsantrag vom 24.3.2014 auf 1.000 EUR" festgesetzt. Der Streitwertbeschluss enthält keine Gründe. Er wurde dem Prozessbevollmächtigten der Gläubigerin ausweislich seines Empfangsbekenntnisses am 20.5.2014 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 2.6.2014, eingegangen per Telefaxkopie beim LG Stendal am selben Tag, hat der Prozessbevollmächtigte der Gläubigerin in deren Namen sofortige Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss vom 16.5.2014 erhoben, hilfsweise Erinnerung eingelegt. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, es erschließe sich nicht, weshalb hier der Wert 1.000 EUR beantrage, während er bei seinem ersten - erfolgreichen - Antrag auf Festsetzung eines Zwangsgeldes trotz nahezu identischer Sachlage mit Beschluss vom 18.9.2013 auf 500 EUR festgesetzt worden sei.

Eine Gebührenwertfestsetzung ist mit Beschluss vom 18.9.2013 nicht erfolgt. Das Zwangsgeld gegen die Schuldnerin wurde auf 500 EUR festgesetzt.

Der Einzelrichter der Zivilkammer 1 des LG Stendal hat dem Rechtsmittel mit Beschluss vom 30.6.2014 ohne Begründung nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II. Auf die Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Einzelrichters der Zivilkammer 1 des LG Stendal vom 16.5.2014 ist der Nichtabhilfebeschluss des Einzelrichters der Zivilkammer 1 des LG Stendal vom 30.6.2014 aufzuheben und insoweit das Verfahren zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das LG analog § 538 Abs. 2 ZPO zurückzuverweisen. Die tragenden Erwägungen des LG sind mangels Begründung der angegriffenen und der Nichtabhilfeentscheidung nicht ersichtlich. Weder der angegriffene Beschluss noch die Nichtabhilfeentscheidung sind mit Gründen versehen. Es ist nicht zuverlässig erkennbar, aus welchen Rechtsgründen worüber mit dem angegriffenen Beschluss vom 16.5.2014 befunden worden ist.

1. Mit dem Beschluss des Einzelrichters der Zivilkammer 1 des LG Stendal vom 16.5.2014 dürfte wohl kein Wert für die Gerichtsgebühren im Sinne § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG festgesetzt worden sein. Für das Gericht bedarf es insoweit keiner Wertfestsetzung. Für Verfahren über Anträge auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung gem. § 888 ZPO wird wertunabhängig eine Festgebühr gem. Nr. 2111 KV GKG i.H.v. 20 EUR erhoben.

2. Soweit mit dem angefochtenen Beschluss der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit festgesetzt worden sein könnte, fehlt es an einem diesbezüglichen Antrag.

Gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 13 RVG ist das Verfahren zur Ausführung der Zwangsvollstreckung auf Vornahme einer Handlung durch Zwangsmittel nach § 888 ZPO eine besondere Angelegenheit. Der Gegenstandswert bestimmt sich insoweit gem. § 25 Abs. 1 Nr. 3 RVG nach dem Wert, den die zu erwirkende Handlung für den Gläubiger hat. Gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 RVG setzt das Gericht diesen Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbständig fest. Ein solcher Antrag ist hier indes nicht gestellt worden.

3. Beschwerdeberechtigt gegen einen derartigen Beschluss wäre gem. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG jeder nach § 33 Abs. 2 Satz 2 RVG Antragsberechtigte, d.h. auch die Gläubigerin, wenn der Beschwerdegegenstand 200 EUR übersteigt.

4. Ob das Ausgangsgericht hier den Wert, den die von der Schuldnerin zu erwirkende Handlung für die Gläubigerin hatte, ohne einen Antrag auf Festsetzung des Wertes des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit auf 1.000 EUR geschätzt hat, lässt sich mangels Begründung der Entscheidung nicht mit der gebotenen Sicherheit feststellen.

Teilweise wird in der Literatur und Rechtsprechung insoweit vertreten, der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in der Vollstreckung richte sich nur nach einem Bruchteil des Wertes der Hauptsache (vgl. Zöller/Herget, 30. Aufl., § 3 Rz....

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