Rz. 12

Auf eine vor der Mitteilung eines Mangels an den Verkäufer getroffene Vereinbarung, die zum Nachteil des Verbrauchers von den §§ 433435, 437, 439443 und 447479 BGB abweicht, kann der Unternehmer sich (mit Ausnahme der Schadensersatzansprüche, § 475 Abs. 3 BGB und der Verkürzung der Verjährungsfrist für gebrauchte Sachen auf ein Jahr, § 475 Abs. 2) nicht berufen.

 

Rz. 13

Unzulässig sind somit insbesondere:

Sachmängelhaftungsausschlüsse oder -beschränkungen,[31] auch der Ausschluss des Nacherfüllungsanspruchs,[32]
Kostenübernahmevereinbarungen zum Nachteil des Käufers,
ungünstige Beweislastregeln,
abweichende Gefahrübergangsregelungen,
Erschwernisse für die Rechtsverfolgung,
die Vereinbarung einer Rügepflicht des Käufers bei Abnahme,[33]
die Vereinbarung einer Frist von zwei Wochen für die Anzeige von offensichtlichen Mängeln.[34]
 

Rz. 14

Die Vertragsparteien bleiben berechtigt, Beschaffenheitsvereinbarungen i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB zu treffen,[35] denn diese sind der primäre Anknüpfungspunkt für die Prüfung der Sachmängelfreiheit. Dies bietet dem Unternehmer die Gelegenheit, durch genaue Beschreibung des Fahrzeugs und dessen Zustands sein Haftungsrisiko trotz des Verbots des Haftungsausschlusses so weit wie möglich zu beschränken.

 

Rz. 15

Für die Grenzziehung zwischen zulässiger Beschaffenheitsvereinbarung und unzulässiger Haftungsbeschränkung[36] ist abzustellen auf den Anlass für die Beschaffenheitsvereinbarung und deren Konkretheit.[37]

 

Rz. 16

Der Mangel oder das Mangelrisiko muss konkret beschrieben werden. Dann ist es auch im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs weiterhin möglich, einvernehmlich einen nicht voll funktionstauglichen Gebrauchtwagen zu erwerben, ohne dass entgegen der Vereinbarung Ansprüche des Käufers ausgelöst werden.[38] Hierzu eignen sich Mängellisten und Befundberichte am besten.[39] Zulässig ist es auch, auf qualitative Schwachstellen eines Modells hinzuweisen, die sich demnächst auswirken können, wie z.B. "Bei diesem Modell ist erfahrungsgemäß damit zu rechnen, dass nach 100.000 km das Automatikgetriebe gewechselt werden muss."

 

Rz. 17

Auch das Risiko eines Unfallvorschadens kann einvernehmlich vom Verbraucher übernommen werden, wenn dies in transparenter Weise individuell – also nicht vorgedruckt oder in AGB – im Vertrag z.B. unter ausdrücklichem Hinweis auf eine nicht durchgeführte Untersuchung auf Mängel und Unfallschäden vereinbart wird,[40] allerdings nicht durch den Hinweis "Die Unfallfreiheit wird ausdrücklich nicht zugesichert".[41]

 

Rz. 18

Entscheidend ist allerdings, dass die Vereinbarung auch eine objektive Grundlage hat. Andernfalls liegt ein Umgehungstatbestand i.S.d. § 475 Abs. 1 S. 2 BGB vor. Unzulässig sind demnach z.B.:

Vereinbarungen wie ""es wird als vertragliche Beschaffenheit vereinbart, dass altersbedingt mit baldigen Reparaturen zu rechnen ist"",[42] oder ""der Kaufgegenstand wird so geschuldet, wie er steht und liegt"",[43] oder ""der Pkw hat optische und technische Mängel"",[44]
ein vorgedruckter Hinweis im Formularvertrag oder den AGB, es handele sich um ein "Schrottfahrzeug", wenn der Zustandsbericht das Gegenteil ausweist,[45]
der Verkauf eines fahrbereiten Autos als "Bastlerfahrzeug",[46] oder "rollender Schrott".[47]

Das gilt auch dann, wenn ein Preisnachlass "für diverse Mängel" gewährt wird.[48]

 

Rz. 19

Abzulehnen ist dagegen die Auffassung,[49] beschreibende Klauseln dürften die Sache schlechter machen, als sie ist. Unzulässig ist also z.B. der Verkauf eines neuen Fahrzeugs als gebraucht[50] oder eines rostfreien Gebrauchtfahrzeugs als durchrostet. Darin ist eine Umgehung i.S.d. § 475 Abs. 1 S. 2 BGB zu sehen (vgl. Rdn 38 ff.).

 

Rz. 20

Beruft sich der Käufer auf eine unzulässige Vertragsklausel, bleiben die übrigen Bestimmungen des Vertrags wirksam,[51] insbesondere auch die für den Käufer vorteilhaften Absprachen, selbst dann, wenn diese mit der nachteiligen Regelung verknüpft waren[52] (z.B. Preisnachlass wegen diverser Mängel).

[31] LG Dessau DAR 2003, 119.
[32] Staudinger/Matusche-Beckmann, § 475 Rn 31.
[33] OLG Hamm VuR 2013, 30; Graf von Westphalen, NJW 2013, 2239 (2246).
[34] BGH NJW 2013, 1431, 1434.
[35] Palandt/Weidenkaff, § 475 Rn 3a.
[36] Bamberger/Roth/Faust, § 475 Rn 8–10.
[37] Eggert, zfs 2001, 295, 296; May, DAR 2004, 557.
[38] Kainer, AnwBl 2001, 380, 388; Pfeiffer, ZGS 2002, 23, 32.
[39] Eggert, VA 2002, 33, 34; Reinking/Eggert, Rn 2503.
[40] Westermann, JZ 2001, 530, 536.
[41] OLG Hamm, Urt. v. 1.4.2014 – 28 U 85/14, juris.
[42] Bamberger/Roth/Faust, § 475 Rn 10.
[43] Kesseler, ZRP 2001, 70, 71.
[44] AG München DAR 2004, 158.
[45] AG Zeven DAR 2003, 379.
[46] Hermanns, zfs 2001, 437, 438; AG Marsberg DAR 2003, 322; OLG Oldenburg DAR 2004, 92; näher differenzierend Müller, NJW 2003, 1975, 1977.
[47] Vgl. hierzu Müller, NJW 2003, 1975, 1977 f.
[48] Reinking, DAR 2002, 15, 22.
[49] Bamberger/Roth/Faust, § 475 Rn 12; wie hier Staudinger/Matusche-Beckmann, § 475 Rn 67.
[50] Erman/Grunewald, § 475 Rn 10.
[51] Palandt/Weidenkaff, § 475 Rn 8.
[5...

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