Leitsatz (amtlich)

Unwirksamer Gewährleistungsausschluss beim Gebrauchtwagenkauf durch Verkauf eines fahrbereiten Autos als „Bastlerauto”.

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Beschluss vom 03.07.2003; Aktenzeichen 8 O 1069/03)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Prozesskostenhilfe verweigernde Beschluss des LG Oldenburg vom 3.7.2003 geändert: Dem Kläger wird für das Klagverfahren im ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe in Form von Ratenzahlung bewilligt.

 

Gründe

1. Der Antragsteller verlangt von der Antragsgegnerin nach Rücktritt vom Kaufvertrag den Preis, den er für einen Gebrauchtwagen gezahlt hat, zurück und begehrt i.Ü. Ersatz von Aufwendungen, die ihm in diesem Zusammenhang entstanden sein sollen.

Die Beklagte bestreitet die Mangelhaftigkeit des verkauften Gebrauchtwagens und beruft sich i.Ü. darauf, dass der Wagen ausweislich des Vertragsformulars als „Bastlerfahrzeug, ohne Garantie” – so der handschriftliche Eintrag in der Spalte Sondervereinbarungen – verkauft worden sei.

Das LG hat mit dem angefochtenen Beschluss Prozesskostenhilfe verweigert. Gewährleistungsansprüche stünden dem Kläger nicht zu, weil er das Auto als Bastlerfahrzeug gekauft habe.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Die Antragsgegnerin kann sich gem. § 475 Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht darauf berufen, das Fahrzeug ohne Garantie als „Bastlerfahrzeug” verkauft zu haben. Der zwischen

den Parteien geschlossene Kaufvertrag ist – weil der Antragsteller Verbraucher und die Antragsgegnerin Unternehmerin ist – als Verbrauchsgüterkauf i.S.d. §§ 474 ff. BGB zu qualifizieren. Dies bedeutet, dass die Antragsgegnerin die Gewährleistung für etwaige Mängel grundsätzlich nicht ausschließen kann und dass Umgehungen dieses Verbotes unwirksam sind (§ 475 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Die Bezeichnung des Autos als Bastlerfahrzeug stellt im konkreten Fall eine solche Umgehung des § 475 Abs. 1 Nr. 1 BGB dar. Die Beklagte selbst räumt in ihren Schriftsätzen ein, dass die Formulierung „Bastlerauto” von ihr gewählt wurde, weil sie sich außerstande sah, eine Gewähr für die Mangelfreiheit des Autos zu übernehmen, und nicht etwa deshalb, weil man meinte, dass das Auto nach seiner Beschaffenheit nicht mehr dazu imstande sein sollte, im Straßenverkehr genutzt zu werden.

So ging es dem Antragsteller, der nicht etwa Kraftfahrzeugmechaniker sondern Matrose ist, auch nur darum, ein Auto zum Fahren und nicht zum Basteln zu erwerben. Dies dürfte i.Ü. der Verkehrserwartung entsprechen, wenn sich ein potentieller Kunde, wie hier geschehen, an einen professionellen Autovertragshändler und nicht an einen Schrotthändler wendet. Diese Erwägung wird i.Ü. bestätigt durch den Preis, den die Beklagte für das Fahrzeug verlangte, nämlich 4.900 Euro. Dies entspricht, wie durch eine kurze Internetrecherche in einschlägigen Portalen zu belegen ist, dem gängigen Preis für Gebrauchtwagen des verkauften Typs mit entspr. Laufleistung. Die Beklagte hat mit anderen Worten den gängigen Marktpreis für einen entspr. Gebrauchtwagen verlangt. Sonstige Gründe, die dafür sprechen könnten, dass die Parteien tatsächlich nur ein Auto zum Basteln und nicht zum Fahren gemeint haben könnten, hat die Beklagte, die insoweit darlegungspflichtig ist, nicht genannt.

Den o.g. Erwägungen, die zu einer Haftung der Beklagten führen, kann auch nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass der Antragsteller sich freiwillig auf die Vereinbarung eingelassen hat, denn aus dem Sinn des § 475 Abs. 1 BGB ergibt sich, dass die Abbedingung der gesetzlichen Gewährleistungsansprüche beim Verbrauchsgüterkauf insoweit privatautonomer Regelung entzogen ist, so dass der in diesem Zusammenhang streitigen Frage, ob der Antragsteller die Bedeutung der Eintragung überhaupt erfasst hat, nicht weiter nachzugehen ist.

Das Gericht verkennt schließlich nicht, dass die vorgenannte Rechtsanwendung im Vergleich zur alten Rechtslage vor In-Kraft-Treten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes eine verschärfte Haftung der Gebrauchtwagenhändler bewirkt. Diese können der Sache nach ihre Haftung nur in der Weise einschränken, dass etwaige Mangel dem Verkäufer positiv bei Abschluss bekannt gegeben werden (§ 442 Abs. 1 Nr. 1 BGB) oder dass in Zahlung genommene Wagen nur vertretungsweise, aber nicht mehr im eigenen Namen des gewerblichen Unternehmers verkauft werden. Indessen bezweckt die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie den Verbraucherschutz. Er liefe leer, gestattete man Autohändlern durch die formelhafte Beschaffenheitsvereinbarung „Bastlerauto” dem Verbraucher die Gewährleistungsrechte abzuschneiden, auch wenn – wie hier – es den Parteien erkennbar, um den Handel eines Autos geht, das zum Fahren verwendet werden soll.

Auch die restlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs sind schlüssig vorgetragen, so dass die Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1109158

DAR 2004, 92

OLGR-CBO 2004, 91

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