Rz. 109

Besteht ein Unterhaltsanspruch, stellt sich in der Praxis die Frage, ob dieser Unterhaltsanspruch nach § 1578b BGB in der Höhe eingeschränkt (Begrenzung) oder seine zeitliche Wirkung begrenzt werden soll (Befristung).

Aus § 1578b BGB ergibt sich, dass nach der gesetzlichen Konzeption die Befristung des Unterhalts nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellt. Das Familiengericht hat demnach zu prüfen, ob die fortdauernde Unterhaltspflicht unbillig ist, nicht aber, ob der Befristung Billigkeitsgründe entgegenstehen.[142]

 

Rz. 110

 

Praxistipp:

Das von der Unterhaltsberechtigten aufgrund der aktuellen Gegebenheiten erzielbare Einkommen muss bereits im Rahmen der Bedürftigkeit geprüft werden, die von der Unterhaltsberechtigten darzulegen und zu beweisen ist.[143]

1. Anwendungsbereich des § 1578b BGB

 

Rz. 111

Die Vorschrift des § 1578b BGB gilt grundsätzlich für alle Ansprüche des nachehelichen Unterhaltsrechtes.

 

Rz. 112

Eine Ausnahme gilt lediglich beim Anspruchs wegen Kindesbetreuung gem. § 1570 BGB. Der BGH hat eine Befristung des Betreuungsunterhaltsanspruches abgelehnt, lässt jedoch eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Höhe nach zu.[144]

 

Praxistipp:

Eine Befristung des Trennungsunterhaltes ist dagegen mangels einer einschlägigen gesetzlichen Vorschrift nicht zulässig.[145]

Auch der Anspruch auf Krankenvorsorgeunterhalt gem. § 1578 Abs. 2 BGB kann in der Höhe begrenzt oder befristet werden.[146]

Konsequenz:

Erfolgt keine Befristung im Tenor des Beschlusses über die Unterhaltsfestsetzung, ist der Unterhalt unbefristet festgesetzt worden!

 

Rz. 113

 

Achtung!

Der Antrag,

"den Antragsgegner zu verpflichten, nachehelichen Unterhalt zu zahlen von mtl. 1.000 EUR"

sollte immer laut vorgelesen werden mit dem Text

"den Antragsgegner zu verpflichten, nachehelichen Unterhalt zu zahlen von mtl. 1.000 EUR lebenslänglich".

Wenn dies nicht akzeptiert werden soll, sind vom Unterhaltspflichtigen bereits im Erstverfahren Aktivitäten unverzichtbar!

Zur verfahrensrechtlichen Präklusionsfalle siehe unten Rdn 233.

[144] BGH FamRZ 2009, 1391; BGH NJW 2009, 1956 = FamRZ 2009, 1124 = ZFE 2009, 271 = FF 2009, 313; BGH v. 18.3.2009 – XII ZR 74/08, FamRZ 2009, 770 m. Anm. Borth, FamRZ 2009, 960 = FF 2009, 321; siehe Viefhues, ZFE 2009, 271; Schmitz, FPR 2009, 241–242.
[145] OLG Brandenburg v. 26.4.2016 – 13 UF 1/13 – NZFam 2016, 983; OLG Düsseldorf v. 15.7.2010 – II-9 UF 51/10, FamFR 2010, 390; OLG Bremen v. 1.12.2008 – 4 WF 142/08, OLGR Bremen 2009, 48; OLG Düsseldorf v. 17.1.2008 – II-3 WF 294/07, FamRZ 2008, 1539; Ehinger in: Ehinger/Rasch/Schwonberg/Siede, Handbuch Unterhaltsrecht, 8. Aufl. 2018, Rn 5.24.
[146] OLG Oldenburg FamRZ 2010, 567 = FuR 2010, 175.

2. Aufbau der Norm

 

Rz. 114

Das Gesetz lässt in § 1578b BGB[147] eine Reduzierung zu

hinsichtlich der Höhe auf den angemessenen Lebensbedarf gem. § 1578b Abs. 1 (Herabsetzung, Begrenzung der Höhe nach),
hinsichtlich der Dauer der Zahlungspflicht gem. § 1578b Abs. 2 (zeitliche Begrenzung, Befristung).
Herabsetzung und Befristung des Unterhaltsanspruchs können miteinander verbunden werden (§ 1578b Abs. 3). Somit können auch gestaffelte Regelungen getroffen werden, in denen der Unterhalt für mehrere Jahre, aber mit sinkenden monatlichen Beträgen festgeschrieben wird.[148]
 

Rz. 115

Speziell in Unterhaltsvereinbarungen bieten sich derartige Staffelungen an, da sie für beide Ehegatten Planungssicherheit bieten und gerichtliche Entscheidungen vermeiden.

Beispiel einer Staffelregelung in einer gerichtlichen Unterhaltsfestsetzung:

OLG Düsseldorf, Urt. v. 1.4.2009 – II-8 UF 203/08[149]

Zitat

In Anbetracht der tiefgreifenden Folgen, die der Wegfall des Unterhalts für den Lebensstandard der Beklagten haben wird, und der im mittleren Bereich angesiedelten Ehedauer von rund 12 Jahre bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages erscheint es angemessen, die Unterhaltshöhe über einen längeren Zeitraum hinweg langsam abzusenken:

800 EUR für die Zeit von Juli 2008 bis Dezember 2008,
600 EUR für die Zeit von Januar 2009 bis Juni 2009,
400 EUR für die Zeit von Juli 2009 bis Dezember 2009,
200 EUR für die Zeit von Januar 2010 bis Juni 2010 und
181 EUR für die Zeit von Juli 2010 bis Dezember 2010
[147] Ausführlich Schilling, FuR 2014, 130; Finke, FF 2013, 293 (Checkliste zur Herabsetzung oder Befristung); Langheim, FamRZ 2010, 409, Reinken, FF 2010, 384; Clausius, FF 2012, 3; zur Befristung von Unterhaltstiteln wegen immanenter zeitlicher Beschränkung Graba, NJW 2011, 3690.
[148] BGH v. 29.6.2011 – XII ZR 157/09, FamRZ 2011, 1721 mit Anm. Hauß = NJW 2011, 3645 = FF 2011, 497 mit Anm. Reinken, OLG Köln FF 2016, 123, KG FamRZ 2012, 788; OLG Düsseldorf, Urt. v. 1.4.2009 – II-8 UF 203/08, FuR 2009, 418 = FPR 2009, 371, OLG Dresden FamFR 2009, 138.
[...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge