Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankheitsunterhalt - Unterhaltsbegrenzung. Nachehelicher Unterhalt: Herabsetzung und Befristung von Krankheitsunterhalt aus Billigkeitsgründen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit fällt als allgemeines Lebensrisiko im Regelfall in die Risikosphäre des Erkrankten. Eine Erkrankung ist nicht allein deshalb ein ehebedingter Nachteil i.S.d. § 1578b BGB, weil sie während der Ehe ausgebrochen ist (Anschluss an BGH, Urt. v. 26.11.2008 - XII ZR 131/07).

Das gilt auch dann, wenn der Ausbruch oder der Verlauf der Erkrankung durch die Scheidungsproblematik oder durch Eheprobleme begünstigt worden ist.

2. Auch nach einer längeren Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe kann eine Beschränkung und/oder Befristung des Unterhalts geboten sein.

Das gilt insbesondere dann, wenn bereits bei Eheschließung große Unterschiede im beruflichen Qualifikationsniveau der Parteien bestanden und die Einkommensdifferenz nach der Trennung ihre Ursache in diesen Unterschieden hat und wenn dem unterhaltsberechtigten Ehepartner durch die ehebedingte Erwerbsabstinenz keine berufliche Entwicklungschancen verschlossen geblieben sind, die sich ihm ohne die Ehe eröffnet hätten.

 

Normenkette

BGB §§ 1572-1573, 1578b

 

Verfahrensgang

AG Oberhausen (Urteil vom 25.08.2008; Aktenzeichen 40 F 15/02)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des AG Oberhausen vom 25.8.2008 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Das am 23.6.2004 verkündete Urteil des AG Oberhausen (Az. 40 F 15/01) in der Form des Berichtigungsbeschlusses vom 8.9.2004 wird dahin abgeändert, dass der Kläger zur Zahlung von Unterhalt i.H.v.

800 EUR für die Zeit von Juli 2008 bis Dezember 2008,

600 EUR für die Zeit von Januar 2009 bis Juni 2009,

400 EUR für die Zeit von Juli 2009 bis Dezember 2009,

200 EUR für die Zeit von Januar 2010 bis Juni 2010 und

181 EUR für die Zeit von Juli 2010 bis Dezember 2010

an die Beklagte verpflichtet ist.

Die weitergehende Berufung und die weitergehende Anschlussberufung werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 22 % und die Beklagte 78 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird gestattet, die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 12.018,72 EUR.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt seine geschiedene Ehefrau, die Beklagte, auf Abänderung seiner nachehelichen Unterhaltsverpflichtung, die durch das am 23.6.2004 verkündete Urteil des AG Oberhausen (Az. 40 F 15/01) i.H.v. 1.001,56 EUR tituliert ist, in Anspruch. Die Klage ist am 9.6.2008 rechtshängig geworden.

Die Ehe der Parteien, aus der der am 3.12.1984 geborene Sohn S. hervorgegangen ist, wurde am 19.12.1985 geschlossen und nach der Trennung der Parteien (spätestens) im Mai 1997 durch das am 3.8.1998 verkündete Urteil des AG Oberhausen (Az. 40 F 87/97), das seit dem 12.9.1998 rechtskräftig ist, geschieden.

Die am 28.4.1955 geborene Beklagte hat keine Berufsausbildung. Nach dem Hauptschulabschluss brach sie eine Ausbildung zur Konditoreiverkäuferin ab und arbeitete anschießend als Stationshilfe im Krankenhaus und als Montiererin. Von 17.4.1975 bis 1.5.1984 war sie in erster Ehe verheiratet. Aus dieser Ehe ging der am 1.5.1978 geborene Sohn A. hervor. Mit der Geburt des Kindes gab sie ihre Berufstätigkeit auf und übernahm fortan zunächst in ihrer ersten Ehe und sodann in der Ehe mit dem Kläger die Haushaltsführung und die Erziehung der Kinder.

Nach der Trennung der Parteien arbeitete die Beklagte seit November 1999 - unterbrochen von Zeiten der Arbeitslosigkeit, Krankheit und Kur - als Briefsortiererin, Spielstättenaufsicht, Bezirksleiterin und Bürokraft sowie als Call Agent, wobei alle Tätigkeiten Teilzeit ausgeübt wurden. Vom 1.1.2009 bis zum 28.2.2009 übte die Beklagte eine Vollzeittätigkeit aus, die sie jedoch wieder kündigte, da sie sich den Belastungen gesundheitlich nicht gewachsen fühlte.

Das AG hat den Unterhaltstitel dahingehend abgeändert, dass der Kläger ab Oktober 2008 keinen Unterhalt mehr schuldet.

Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihren Antrag auf Abweisung der Abänderungsklage weiter. Sie ist der Ansicht, dass ihr Anspruch auf Krankenunterhalt auch nach der Unterhaltsrechtsreform nicht befristbar sei, zumal ihre Erkrankung auf ehebedingte Ursachen zurückzuführen sei. Das AG verkenne, dass der Krankenunterhalt aufgrund seines Vorsorgecharakters mit dem Aufstockungsunterhalt nicht vergleichbar sei und gerade bei ehebedingten Erkrankungen ein dauerhafter Nachteilsausgleich in Form des in der Ursprungsentscheidung zugesprochenen Unterhalts geleistet werden müsse.

Im Falle einer zeitlichen Befristung des Unterhaltsanspruchs müsse ihr - der Beklagten - eine Übergangsfrist von drei Jahren zugebilligt werden, damit sie sich au...

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