aa) Normale und besondere Kosten des Umgangsrechts

 

Rz. 56

Bei Umgangsregelungen gem. § 1684 Abs. 1 BGB geht es in erster Linie um die Frage der zeitlichen Ausgestaltung des Kontaktes zwischen dem Kind und dem nicht betreuenden Elternteil (siehe § 23 Rdn 4). Bei der Ausübung des Umgangsrechts ist es – sofern keine andere Vereinbarung der Eltern vorliegt – grundsätzlich Aufgabe des Umgangsberechtigten, das Kind beim anderen Elternteil abzuholen und wieder dorthin zurückzubringen.[74]

 

Rz. 57

Die üblichen Kosten des normalen Umgangsrechts sind vom umgangsberechtigten Elternteil zu tragen, wobei auch hier abweichende Vereinbarungen der Eltern möglich sind. Diese Kosten können daher weder vom anderen Elternteil direkt beansprucht noch im Rahmen der Unterhaltsberechnung abgezogen noch werden.[75] Dies gilt sowohl beim Kindesunterhalt als auch beim Ehegattenunterhalt.

 

Rz. 58

Wenn etwa aufgrund einer größeren örtlichen Entfernung ein höherer Aufwand und damit auch besonders hohe Kosten wie z.B. Fahrt- und eventuelle Übernachtungskosten anfallen, kann sich hieraus bei angespannten finanziellen Verhältnissen des umgangsberechtigten Elternteils eine Gefährdung der Ausübung des Umgangs ergeben.[76] Das Umgangsrecht sowohl des Elternteils als auch des Kindes steht jedoch unter besonderem verfassungsrechtlichen Schutz. Daher ist es im Ergebnis nicht akzeptabel, wenn die Ausübung der Umgangskontakte letztlich daran scheitert, dass der umgangsberechtigte Elternteil die damit verbundenen Kosten nicht tragen kann.[77]

 

Rz. 59

Unterhaltsrechtlich abzugsfähig sind dabei jedoch nur diejenigen Kosten, die notwendigerweise anfallen. Daher muss der Umgangsberechtigte sich ggf. einschränken und darf nur möglichst geringe Kosten bei der Ausübung seines Umgangsrechtes auslösen.

 

Rz. 60

Zu den angemessenen Kosten des Umgangsrechts zählen Fahrtkosten für das Kind und den Elternteil,[78] eventuell notwendige Übernachtungskosten sowie Aufwendungen für Verpflegung.[79] Es sind öffentliche Verkehrsmittel,[80] direkte Verbindungen sowie Sondertarife zu nutzen, um jedenfalls den ungeschmälerten Mindestkindesunterhalt sicherzustellen.[81]

 

Rz. 61

Bei den Wohnkosten ist i.d.R. kein Abzug für Zusatzaufwand geboten, weil es als angemessen und ausreichend angesehen wird, die Kinder in Räumlichkeiten unterzubringen, die dem eigenen Wohnbedarf des Unterhaltspflichtigen entsprechen.[82]

 

Rz. 62

 

Praxistipp:

Besonders in wirtschaftlich beengten Verhältnissen sind beide Eltern gehalten, die Kosten des Umgangsrechts so niedrig wie möglich zu halten.[83]
Die Kosten können z.B. dadurch reduziert werden, dass die Umgangskontakte stärker als sonst üblich zeitlich zusammengefasst werden, also während mehrerer zusammenhängender Tage ausgeübt werden, dafür aber in geringeren Intervallen (also z.B. alle 3 Wochen statt 14-täglich).[84]
Für eine unmittelbare Beteiligung des betreuenden Elternteils an den Kosten der Ausübung des Umgangsrechts durch den umgangsberechtigten Elternteil besteht im Umgangsverfahren keine rechtliche Grundlage.[85]
Dagegen wird eine Beteiligung am organisatorischen Aufwand für zulässig angesehen.[86]
Auch das Angebot der Kinder, mit einem Wochenendticket zum niedrigen Preis alleine zum Vater fahren, ist zu beachten; der Vater kann dann keine höheren Umgangskosten mit dem Auto oder dem Zug anrechnen.[87]
Zu bedenken ist auch, ob sich eine Reduzierung der Umgangskosten durch die Beantragung öffentlicher Hilfen erreichen lässt.[88] Aus unterhaltsrechtlicher Sicht wird die Obliegenheit zu bejahen sein, solche öffentlichen Hilfen vorrangig in Anspruch zu nehmen.
[74] Voelker/Clausius, Das familienrechtliche Mandat-Sorge- und Umgangsrecht, 7. Aufl. 2016, § 2 Rn 90, Jokisch in Gerhardt/ v. Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch FamR, 2021, Kap. 4 Rn 684.
[75] Henjes in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Der Unterhaltsprozess, 7. Aufl. 2020, Kap. 4 Rn 596; zur besonderen Fallgestaltung der Kosten bei Ausübung von Umgangsrechten von Personen, die nicht rechtliche Eltern sind, siehe Löhnig, FamRZ 2013, 1866; kritisch Wohlgemuth, FuR 2014, 212.
[76] Henjes in Eschenbruch/Schürmann/Menne, Der Unterhaltsprozess, 7. Aufl. 2020, Kap. 4 Rn 596.
[77] BVerfG v. 5.2.2002 – 1 BvR 2029/00, NJW 2002, 1863; Klinkhammer in Wendl/Dose; Unterhaltsrecht in der familiengerichtlichen Praxis, 2019, § 2 Rn 271.
[79] Schürmann in jurisPR-FamR 19/2014 Anm. 1; Viefhues in jurisPK-BGB, 2020 § 1610 Rn 266, ausführlich Menne, ZKF 2009, 420.
[80] OLG Schleswig, Beschl. v. 20.12.2013 – 15 WF 414/13, FuR 2014, 371; Klinkhammer in Wendl/Dose; Unterhaltsrecht in der familiengerichtlichen Praxis, 2019, § 2 Rn 273.

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