Entscheidungsstichwort (Thema)

Erhöhung des Selbstbehalts wegen hoher Wohn- und Fahrtkosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Von einem gesteigert erwerbsverpflichteten Elternteil ist zu erwarten, sich in seinen Wohnbedürfnissen - was Lage als auch Größe der Wohnung angeht - im Interesse der minderjährigen Antragsteller einzuschränken. Soweit er wegen seines Begehrens auf Heraufsetzung des Selbstbehalts infolge erhöhter Wohnkosten auf das Vorhalten eines großen Zimmers für die (14tägigen) Umgangskontakte mit seinen Kindern verweist, ist zu berücksichtigen, dass diesen im Mangelfall besser gedient ist, wenn ihnen weitere finanzielle Mittel für den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen, als ein eigenes Zimmer bei Umgangskontakten.

2. Der Umgangsberechtigte ist in wirtschaftlich beengten Verhältnissen gehalten, die Kosten des Umgangsrechts so niedrig wie möglich zu halten und öffentliche Verkehrsmittel unter Nutzung besonders günstiger Angebote in Anspruch zu nehmen.

 

Normenkette

BGB § 1603

 

Verfahrensgang

AG N. (Beschluss vom 18.11.2013)

 

Tenor

I. Der Beschluss des AG - Familiengericht - N. vom 18.11.2013 wird teilweise geändert:

Dem Antragsgegner wird ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt, soweit er sich gegen den Antrag zu Ziff. II aus der Antragsschrift vom 7.10.2013 verteidigt. Ihm wird Rechtsanwalt ... beigeordnet.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurück-gewiesen.

III. Die Beschwerdegebühr wird um die Hälfte ermäßigt.

 

Gründe

I. Der Antragsgegner wird auf Kindesunterhalt und Auskunft in Anspruch genommen.

Die am 6.6.2000 und am 22.8.2002 geborenen Antragsteller sind die Söhn des Antragsgegners. Sie leben im Haushalt der vom Antragsgegner geschiedenen Kindesmutter in N. Ein Titel über den Kindesunterhalt existierte nicht.

Der am 5.9.1969 geborene Antragsgegner lebt in ... Er arbeitet vollschichtig für eine Firma in H. Hieraus erzielt er ein monatliches durchschnittliches Nettoeinkommen von 1.641,13 EUR, von dem er im Jahr 2013 für eine zusätzliche Altersvorsorge monatlich 71,82 EUR zahlt. Bis August 2013 zahlte der Antragsgegner an die Kindesmutter Kindesunterhalt für beide Antragsteller monatlich 520 EUR, ab September 2013 lediglich 250 EUR.

Die Bevollmächtigte der Antragsteller hat den Antragsgegner mit Schreiben vom 4.9.2013 zur Auskunftserteilung über dessen Einkünfte zum Zwecke der Berechnung des Kindesunterhalts aufgefordert.

Der Antragsgegner behauptet, er zahle - was unstreitig ist - für seine gemietete Wohnung monatlich an Warmmiete 590 EUR. Da im Rahmen des Selbstbehalts lediglich ein Betrag von 360 EUR für Wohnkosten ausgewiesen sei, müsse der Selbstbehalt heraufgesetzt werden. Die Wohnung habe 3 Zimmer, weise eine Größe von ca. 61,50 m2 auf und verfüge über ein Wohn- und ein Schlafzimmer sowie ein Kinderzimmer. Weiterhin habe er Umgangskosten monatlich i.H.v. 156 EUR zu tragen. Er fahre zweimal im Monat nach N. und hole die Antragsteller zu sich nach H. Dafür lege er mit seinem Fahrzeug, das er einzig für die Umgangskontakte benötige, monatlich 520 Km zurück. Er sei auf eine Drei-Zimmer-Wohnung angewiesen, damit die Kinder bei den Besuchswochenenden ihr eigenes Zimmer hätten.

Das AG - Familiengericht - N. hat den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung u.a. ausgeführt, der Abzug von freiwilligen Beiträgen zur Altersversorgung sei nicht abzugsfähig, soweit der Mindestunterhalt der Antragsteller nicht gedeckt sei. Die Kosten des Umgangs habe der Antragsgegner aus dem Anrechnungsbetrag des hälftigen Kindergeldes zu tragen. Eine Erhöhung des Selbstbehalts infolge erhöhter Wohnkosten scheide aus. Dem Antragsgegner sei zuzumuten in, eine kleinere Wohnung oder eine im Umland von H. zu ziehen.

II. Die Beschwerde ist zulässig, jedoch überwiegend ohne Erfolg.

Nach §§ 112, 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 ZPO ist einem Verfahrensbeteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Verfahrensführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

1. Das Vorbringen des Antragsgegners bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, soweit er sich gegen den Antrag auf Auskunft und Belegvorlage verteidigt. Der Antragsgegner trägt vor, er habe die Auskunft erteilt und die ihm zur Verfügung stehenden Belege beigebracht, mithin den Anspruch erfüllt Im Übrigen besteht keine hinreichende Erfolgsaussicht.

Er ist nach seiner Darstellung teilweise leistungsfähig, den Unterhaltsanspruch der Antragsteller zumindest i.H.v. insgesamt 250 EUR zu befriedigen. Seine Rechtsverteidigung ist insoweit mutwillig. Im Übrigen ist der Antragsgegner im Hinblick auf den begehrten Mindestkindesunterhalt leistungsfähig.

1.1. Das Familiengericht hat zu Recht von einer Erhöhung des notwendigen Selbstbehalts monatlich 1.000 EUR im Hinblick auf die hohen Wohnkosten des Antragsgegners abgesehen.

Innerhalb der Rechtsprechung (vgl. KG FamRZ 2012, 1649; OLG Bamberg FamRZ 1993, 66) und Literatur (vgl...

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