Rz. 63

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (AAG) zum 1.1.2006 wurde außerdem die Umlage U2 (Mutterschaft) neu geregelt.

Die gesetzliche Neuregelung war erforderlich geworden, da das BVerfG die damalige Regelung als nicht verfassungsgemäß angesehen und dem Gesetzgeber eine Frist für die Neuregelung bis zum Ende des Jahres 2005 eingeräumt hatte (BVerfGE 109, 64).

 

Rz. 64

Die Neuregelung umfasst folgende Punkte hinsichtlich der Umlage U2:

Alle Arbeitgeber sind unabhängig von der Größe ihres Betriebs (anders als bei der Umlage U1) zur Entrichtung der Umlage U2 an die entsprechenden Krankenkassen ihrer Arbeitnehmer verpflichtet. (Diese Änderung war notwendig geworden, da das BVerfG die Altregelung als nicht verfassungskonform ansah, da damals nur Kleinbetriebe – bis zu 20 Arbeitnehmer – eine Erstattung der Arbeitgeberaufwendungen erhielten. Das Gericht sah hierin eine Gefahr, dass Frauen evtl. bei größeren Betrieben bei der Einstellung benachteiligt werden könnten.)
Die Umlage U2 muss nunmehr auch für männliche Arbeitnehmer abgeführt werden, obwohl diese natürlich nicht selbst schwanger werden können. (Das BVerfG hat jedoch die Ungleichbehandlung von männlichen und weiblichen Beschäftigten bei der Abführung der Beiträge beanstandet, da die Umlage U2 nach der Altregelung nur für weibliche Arbeitnehmerinnen abgeführt werden musste. Um eine geschlechtsspezifische Benachteiligung zu verhindern und unter dem Gesichtspunkt der Solidargemeinschaft war die Neuregelung geboten.)
 

Rz. 65

Die Beiträge für die Umlage U2 werden nunmehr nach der Neuregelung aus der Summe aller rentenversicherungspflichtigen Entgelte der Arbeitnehmer berechnet und mit den monatlichen Sozialversicherungsmeldungen an die Krankenkassen gemeldet.

 

Rz. 66

Im Gegensatz zu den anderen Sozialversicherungsbeiträgen (wie Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherungsbeiträge) sind die Umlagebeiträge U1 und U2 alleine vom Arbeitgeber zu tragen.

 

Rz. 67

Anders als bei der Umlage U1 (Krankheit) gibt es bei der Umlage U2 (Mutterschaft) keine unterschiedlichen Erstattungssätze. Die Erstattungsleistung beträgt immer 100 %.

 

Rz. 68

Dabei werden folgende Arbeitgeberaufwendungen erstattet:

Entgeltfortzahlungen bei individuellen Beschäftigungsverboten sowie die hierauf entfallenden Arbeitgeberanteile zum Gesamtsozialversicherungsbetrag und
der ausgezahlte Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, der während des allgemeinen Beschäftigungsverbots (grds. sechs Wochen vor der Geburt bis acht Wochen nach der Geburt) vom Arbeitgeber zu zahlen ist.
 

Rz. 69

Die Erstattungsanträge für die Umlage U2 können auch nur in elektronischer Form an die Krankenkassen übermittelt werden.

 

Rz. 70

 

Exkurs: Schwangerschaft

Das Gesetz sieht für schwangere Arbeitnehmerinnen umfangreiche Schutzrechte und Leistungen vor. Hierfür ist es jedoch erforderlich, dass der Arbeitgeber möglichst umgehend über die Schwangerschaft informiert wird, da nur so umfassend die Schutzrechte wirken können.

Dabei gelten sämtliche Schutzvorschriften und Leistungen sowohl für befristete wie auch für unbefristete Arbeitsverhältnisse. Die Größe der Kanzlei ist unbeachtlich.

Kündigungsschutz:

§ 9 Mutterschutzgesetz (MuSchG) enthält ein weitreichendes Kündigungsverbot, das während der gesamten Schwangerschaft bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung gilt. Im diesem Zeitraum sind Kündigungen (egal ob ordentlich oder außerordentlich) der schwangeren Arbeitnehmerin grds. ausgeschlossen.

Das Verbot gilt jedoch nicht, wenn das Arbeitsverhältnis aus anderen Gründen endet (z.B. durch Ablauf der vereinbarten Frist bei einem befristeten Arbeitsvertrag oder durch einen Aufhebungsvertrag).

Das Verbot setzt voraus, dass die Schwangerschaft bei Zugang der Kündigung bestand. Der weitere Verlauf richtet sich dabei danach, wann der Arbeitgeber von der Schwangerschaft Kenntnis erlangt hat:

Hatte der Arbeitgeber keine Kenntnis von der Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Kündigung, so kann die Arbeitnehmerin die Mitteilung über die Schwangerschaft innerhalb von zwei Wochen ab Zugang der Kündigung nachholen. Die Kündigung wäre zunächst zwar unzulässig, die Arbeitnehmerin müsste in diesem Fall jedoch nach § 4 Satz 1 KSchG eine entsprechende Kündigungsschutzklage innerhalb von drei Wochen ab Zugang der Kündigung einreichen. Legt die Arbeitnehmerin keine entsprechende Klage fristgerecht ein, so würde die ausgesprochene Kündigung gem. § 7 KSchG von Anfang an rechtswirksam werden.

Hatte der Arbeitgeber jedoch Kenntnis von der Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Kündigung, so hätte er die schwangere Arbeitnehmerin nur aus besonderen Gründen (z.B. wegen Diebstahls) und nur mit Zustimmung der für den Arbeitsschutz zuständigen obersten Landesbehörde kündigen dürfen. In diesen Fällen beginnt die 3-wöchige Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage gem. § 4 Satz 4 KSchG erst mit Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an die Arbeitnehmerin. Hat der Arbeitgeber noch gar keine Zustimm...

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