Rz. 20

Juristisch ist ein medizinisch-psychologisches Gutachten ein Sachverständigengutachten, das den hierfür vorgegebenen Regelungen in

Anlage 4a zur FeV, den
Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung und den
Beurteilungskriterien

entsprechen, schlüssig und nachvollziehbar sein muss.

Dabei kommt dem Gutachter ein wissenschaftlicher Begutachtungsspielraum zu. Das Gericht prüft nur, ob das Gutachten verständlich und nachvollziehbar sowie zu wissenschaftlich vertretbaren Ergebnissen gekommen ist.[6] Es ist daher schwer, gegen Fahreignungsgutachten anzugehen, es sei denn, darin sind grobe Mängel enthalten. Daher sollte ein Gutachten immer anhand des in Anlage 4a vorgegebenen Rasters hinterfragt werden.[7] Entsprechende Mängel sind allerdings sehr unwahrscheinlich (wenn auch nicht von vornherein ausgeschlossen[8]), da auch die Träger der Begutachtungsstellen immer wieder ihre eigenen Gutachten intern kritisch überprüfen, zudem prüft auch die Bundesanstalt für Straßenwesen.

 

Rz. 21

Die MPU ist im Vergleich zu anderen Sachverständigengutachten fachlich stark durchnormiert und standardisiert: Zunächst muss das Gutachten der Anlage 4a zur FeV – einer Norm – entsprechen. Darüber hinaus muss sich die Vorgehensweise an den Darlegungen zu den Eignungszweifeln orientieren, die in den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung – einem antizipierten Sachverständigengutachten (siehe dazu § 1 Rdn 21 ff.) – aufgelistet sind. Schließlich gibt es seit wenigen Jahren die Beurteilungskriterien (siehe dazu § 1 Rdn 31), die gerade für den psychologischen Teil vorformulierte Thesen und Kriterien zusammengestellt haben,[9] die Eignungszweifel bejahen oder verneinen. Diese Beurteilungskriterien sollen eine einheitliche und transparente Begutachtungspraxis unterstützen.

 

Rz. 22

 

Praxistipp

Der Antrag, ein Obergutachten einzuholen, ist nur sinnvoll, wenn sich auch nach einem negativen medizinisch-psychologischen Gutachten ein Anhalt dafür bietet, dass die beim Betroffenen festgestellten Eignungsmängel ausgleichbar sind und nicht zur Fahrungeeignetheit führen.[10] Angesichts der umfangreichen fachlichen Vorgaben für die Begutachtung dürfte es in der Praxis nur in Ausnahmefällen zur Einholung eines Obergutachtens kommen.

[6] Geiger in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, Rn 44 zu § 86.
[7] Siehe hierzu auch Beispiele bei Himmelreich/Janker/Karbach, Fahrverbot, Fahrerlaubnisentzug und MPU-Begutachtung im Verwaltungsrecht, 8. Auflage 2007, 4. Teil: MPU-Begutachtung, 3. Kapitel: Mangelhaftes Gutachten, S. 257 ff., Rn 1104 ff.
[8] Vgl. aktuell VG Saarlouis v. 26.11.2010, 10 K 886/10 – zu einem nicht nachvollziehbaren positiven Fahreignungsgutachten im Rahmen der Wiedererteilung.
[9] Diese sind für den Juristen zunächst nur schwer verständlich.
[10] Buschbell/Utzelmann/Quarch/Reisert/DeVol, Die Fahrerlaubnis in der anwaltlichen Beratung, 5. Auflage 2015, § 8 Rn 119., S. 251.

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