1. Begriff und Voraussetzungen der Bewilligung und Beiordnung

a) Begriff der Bewilligung und Beiordnung

 

Rz. 43

Bewilligung und Beiordnung stehen meist im gleichen Beschluss, sind aber sorgfältig auseinander zu halten. Die Voraussetzungen der Bewilligung sind in §§ 114 bis 127 ZPO i.V.m. §§ 76 Abs. 1, 113 Abs. 1 FamFG geregelt. § 122 ZPO regelt die Wirkungen der Bewilligung, § 121 ZPO bzw. § 78 FamFG besagen, wann ein Anwalt beigeordnet werden muss. Die Wirkungen der Beiordnung sind in §§ 45 ff. RVG geregelt. Die Beiordnung ist die Grundlage der Vergütung des beigeordneten Anwalts aus der Staatskasse.[40] Die Beiordnung des Rechtsanwalts kann auch auf den Namen der Sozietät erfolgen.[41] Grundsätzlich ist die Beiordnung auf den Namen der Sozietät zu bevorzugen, da die Sozietät auch nach dem Ausscheiden des sachbearbeitenden Anwalts aus dieser beigeordnet bleibt.

 

Rz. 44

Andere Beiordnungen der ZPO haben mit dieser Beiordnung nur den Namen gemeinsam:

[40] Viefhues, Die Reform der Prozesskostenhilfe und die Auswirkungen im familiengerichtlichen Verfahren, FuR 2013, 488; Nickel, Änderung des Prozesskostenhilferechts – wirtschaftliche Notwendigkeit oder Augenwischerei?, FuR 2013, 82; Lissner, JurBüro 2013, 539, Die wichtigsten Änderungen durch das 2. KostRMoG im Bereich der Prozesskostenhilfe; vgl. auch Literaturhinweise in § 14 Fn 1; Zempel, FF 2013, 275.

aa) Beiordnung gem. § 138 FamFG

 

Rz. 45

Der Anwalt, der gem. § 138 FamFG durch das Gericht beigeordnet wurde, weil der Antragsgegner in der Scheidungssache und Kindschaftssache als Folgesache zwar keinen Anwalt beauftragt, aber nach Ansicht des Gerichts einen Anwalt haben müsste, hat (nur) bei Zahlungsverzug seiner Partei den Vergütungsanspruch an die Staatskasse (§ 45 Abs. 2 RVG), und zwar im Umfang der Beiordnung und der Höhe nach gem. Tabelle § 49 RVG. Gegen seine Partei hat er einen vollen Gebührenanspruch, kann auch einen Vorschuss verlangen (§ 39 Abs. 1 RVG). Hat die betreffende Verfahrenspartei kein Mandat erteilt, schuldet sie die Anwaltsgebühren für die Gegenstände, für die der Anwalt als Beistand bestellt ist. Hat die Verfahrenspartei ein Mandat erteilt, schuldet sie die Gebühren im Umfang des Mandats. In beiden Fällen werden die Gebühren gem. der Tabelle § 13 RVG (Reichenrecht) geschuldet (sofern nicht erfolgreich Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung beantragt wurde).[42]

Die Kosten, die die Staatskasse aufwendet, sind gerichtliche Auslagen (Nr. 2013 GKG KV).

[42] Gerold/Schmidt/Burhoff, § 39 Rn 7 ff., 21 ff.; AnwK-RVG/Fölsch, § 45 Rn 11 ff.

bb) Notanwalt, § 78b ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 FamFG

 

Rz. 46

Ob der Notanwalt einen Anspruch gegen die Staatskasse hat, ist streitig. Er kann von der Partei Vorschuss verlangen (§ 9 RVG, § 78c Abs. 2 ZPO) und, wenn der Vorschuss nicht bezahlt wird, die Aufhebung seiner Beiordnung fordern (str.).[43]

[43] Für einen Anspruch gegen die Staatskasse AnwK-RVG/Fölsch, § 45 Rn 22; a.A. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 45 RVG Rn 136.

cc) Verfahrensbeistand, § 158 FamFG

 

Rz. 47

Die Vergütung für den berufsmäßigen Verfahrensbeistand erfolgt nach § 158 Abs. 7 S. 2 bis 5, § 168 Abs. 1 FamFG und nicht nach dem RVG.[44]

Der Verfahrensbeistand gem. § 158 FamFG erhält seine Vergütung gem. § 158 Abs. 7 FamFG. Der Verfahrensbeistand macht seine Kosten gegen die Staatskasse geltend, die ihrerseits die Auslagen vom Kostenschuldner zurückfordern kann (vgl. § 1 S. 1 FamGKG i.V.m. §§ 21 ff. FamGKG).

[44] Der berufsmäßige Verfahrensbeistand erhält pro Kind (BGH FamRZ 2010, 1896, 1893) und pro Verfahren (nach BGH FamRZ 2012, 1630 = JurBüro 2013, 319 sogar, wenn elterliche Sorge und Umgang zwei Gegenstände ein und desselben Verfahrens sind; a.A. OLG München NJW 2012, 3735) und pro Instanz eine Pauschale von 350,00 EUR, die sich auf 550,00 EUR erhöht, wenn er den erweiterten Auftrag hat (§ 158 Abs. 7 S. 2, S. 3 RVG). Mit der Vergütung sind sämtliche Aufwendungen einschl. der USt. abgegolten (§ 158 Abs. 7 S. 4 FamFG), BGH FamRZ 2014, 1094. Durch die Abtrennung aus dem Verbund entstehen keine weiteren Gebühren (§ 21 Abs. 2 RVG, Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, § 1 RVG Rn 497). Übersicht bei Zimmermann, FamRZ 2014, 165.

b) Die Voraussetzungen der Beiordnung

 

Rz. 48

Die Bewilligung und Beiordnung sind meistens aber nicht immer miteinander verbunden. Es gibt Bewilligung ohne Beiordnung. § 121 ZPO i.V.m. § 113 Abs. 1 FamFG sieht vor, dass der Anwalt in Verfahren, in denen anwaltliche Vertretung nicht vorgeschrieben ist, nur unter den Voraussetzungen des § 121 Abs. 2 ZPO und nur auf Antrag beigeordnet wird. Für die selbstständigen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit bestimmt § 78 FamFG, dass in den Fällen, in denen eine Vertretung durch den Anwalt nicht vorgeschrieben ist (das sind die selbstständigen FG-Verfahren) auf Antrag ein Anwalt unter den Voraussetzungen gem. § 78 Abs. 2 FamFG beigeordnet wird. Im Ergebnis bedeutet das, dass ein Anwalt auch ohne Antrag in Ehesachen und entsprechenden Lebenspartnerschaftssachen, in Verbundsachen und in allen selbstständigen Familienstreitsachen gem. § 112 FamFG beigeordnet werden muss (§ 114 Abs. 1 FamFG), während der Anwalt in allen selbstständigen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nur auf Antrag beigeordnet wird. Im Verfahren der einstweiligen Anor...

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