Rz. 27

Typisch sind nach unseren Erfahrungen etwa Äußerungen wie die Folgenden von Stiftern zu "ihren" Stiftungen:

"Was soll das? Kann ich jetzt bei meiner Stiftung nicht einmal mehr über mein eigenes Geld verfügen?"

"Da reden die Behörden dann bei meinem Geld mit, das ich der Gemeinnützigkeit gegeben habe."

Hier müssen wir Berater frühzeitig aufklären, was wie geht und was nicht geht. Es ist eine besonders stringente und klare Beratung gefragt – und dazu auch ganz deutlich die finanzielle und mentale Unabhängigkeit des Beraters. Eine weitere Beobachtung aus der Praxis ist, dass man sich bei der Beratung in Stiftungsprojekten zu wenig bespricht. Mangelnde Kommunikation zwischen Berater, Stifter, Stiftungsorganmitgliedern und Behörden ist nicht selten der Grund für ein nicht optimales Beratungsergebnis.

 

Rz. 28

Am Anfang der Gestaltung eines Stiftungsprojektes steht typischerweise eine vage Grundidee des Stifters, die dieser zusammen mit seinem Berater entwickelt und/oder konkretisiert. Der Berater wird dabei immer die juristischen und steuerrechtlichen Möglichkeiten im Auge behalten und seinem Mandanten eine angemessene Lösung vorschlagen. Ein Stifter wird vor einer zu komplexen Gestaltung, die er letztlich nicht durchschaut, in der Regel (zu Recht) zurückscheuen. Er wird sein Stiftungsprojekt auf die lange Bank schieben oder es direkt aufgeben.

 

Rz. 29

In jedem Fall muss sich ein potenzieller Stifter intensiv mit seinem Stiftungsprojekt befassen und das möglichst gemeinsam mit seinem fachlich versierten und erfahrenen Berater. Bekanntlich kann nicht jeder alles gleich gut Das Mindeste an Beratung wird sein müssen, dass der Berater genau prüft und dem Stifter konkret begründet, ob und ggf. warum ein Standardstiftungsmodell im konkreten Fall zu den Stiftern, zu deren Vorstellungen und zu deren Situation passt. Er wird ggf. weiter prüfen müssen, ob im Einzelfall etwas für den Stifter anzupassen ist. Letztlich wird zu prüfen sein, ob die angedachte Stiftung auch in der aktuellen und der für die Zukunft vorstellbaren Situation die richtige Wahl ist.

 

Rz. 30

Schon ab dem ersten Gespräch mit dem Stifter sollte der Berater die Motive, Vorstellungen, Wünsche und Absichten des Stifters gemeinsam mit diesem erarbeiten. Nur dann wird er überhaupt und zudem möglichst frühzeitig kritisch bewerten können, ob die Stiftung oder doch eine andere Rechtsform zu den Erwartungen und Vorstellungen des Stifters passt und ob der Stifter im besten Sinne des Wortes "stiftungsreif" ist. Eine Stiftungsidee reift oft über einen langen Zeitraum. Da ist dann nicht selten erhebliche Geduld des Beraters gefragt. Dabei erscheint es uns als eine Selbstverständlichkeit, dass der Berater den vom Stifter gewünschten Stiftungszweck nicht beeinflusst – schon gar nicht aus Eigeninteresse.

Zudem sollte der Berater die Familienverhältnisse des Stifters, die Haltung der Familie zu dem Stiftungsprojekt sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Stifters sowie ggf. auch der Familie kennen. Dazu befragt der Berater den Stifter und im bestdenkbaren Fall auch dessen Familie. Zudem bittet er um einschlägige Unterlagen (Steuererklärungen, Jahresabschlüsse etc.). Das ist mitunter heikel. Wir haben es deshalb grundsätzlich als sinnvoll erlebt, frühzeitig den Steuerberater des Stifters einzubeziehen. Bei alledem ist natürlich immer wieder die Sozialkompetenz oder altmodisch gesagt das "Fingerspitzengefühl" des Beraters gefragt.

 

Rz. 31

Aus den vorangegangenen Überlegungen folgt, dass der Stiftungsberater, z.B. ein Rechtsanwalt oder etwa auch ein Notar, ganz besondere Aufgaben bei der Beratung erfüllen muss. Er muss

seinen Mandanten insbesondere umfassend über die möglichen Folgen der Stiftungserrichtung aufklären, damit keine falschen Erwartungen entstehen, die später enttäuscht werden und die zu einer Missachtung der Stiftungssatzung führen können;
im Gespräch mit dem Stiftungswilligen dessen teilweise recht vagen und oft nicht näher definierten Vorstellungen möglichst umfassend in den Stiftungszweck und die Stiftungssatzung einfließen lassen.

Darüber hinaus treffen den Stiftungsberater besondere Hinweispflichten (siehe Rdn 26).

 

Rz. 32

Hinzu kommt das Problem, dass Stifter nicht selten kurz vor Abschluss des Stiftungsprojektes vor dessen tatsächlicher Umsetzung zurückschrecken. Sie zögern – oft aus verständlichen emotionalen Gründen –, den letzten Schritt zu vollziehen und das für die Stiftung vorgesehene Vermögen tatsächlich auf diese zu übertragen. Um eine endgültige Entscheidung zu vermeiden, wird dann nicht selten der Weg der Errichtung einer Stiftung von Todes wegen gewählt. Gerade die Errichtung einer Stiftung von Todes wegen birgt aber die Gefahr, dass das Stiftungsprojekt nicht im Sinne des Stifters umgesetzt wird. Nach seinem Tode kann der Stifter auf etwaige Fehlentwicklungen in der Anfangsphase der Stiftung oder auf geänderte Umstände keinen Einfluss mehr nehmen. Er muss sich absolut auf den mit der Stiftungserrichtung beauftragten Testamentsvollstr...

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