A. Vorbemerkung

 

Rz. 1

Die Rechtsgrundlagen finden sich in den §§ 192–208 VVG 2008 sowie den Musterbedingungen für die Krankheitskosten und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK 2009) und den Musterbedingungen für die Krankentagegeldversicherung (MB/KT 2009).

 

Rz. 2

Die private Krankenversicherung gewinnt angesichts der ständig steigenden Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung immer mehr an Bedeutung. Sie ist im VVG in den §§ 192–208 VVG 2008 geregelt.

 

Rz. 3

Die Krankenversicherung ist Personenversicherung, sie ist im Bereich der Krankheitskostenversicherung Schadenversicherung, sie dient der konkreten Bedarfsdeckung.[1] Demgegenüber ist die Krankenhaustagegeldversicherung eine Summenversicherung, weil der Versicherer eine im Voraus fixierte Geldleistung nach Eintritt des Versicherungsfalles zu erbringen hat, die der abstrakten Bedarfsdeckung dient.[2] Der Versicherungsschutz ist beschränkt auf Heilbehandlungen in Europa (§ 1 Abs. 4 MB/KK 2009).

[1] BGH – IV ZR 307/00, VersR 2001, 1100; Prölss/Martin/Voit, § 192 VVG Rn 3 m.w.N.

B. Leistungsumfang (§ 1 MB/KK 2009)

I. Vorbemerkung

 

Rz. 4

Die private Krankenversicherung gewährt Kostenersatz für

ambulante Heilbehandlung durch Ärzte freier Wahl,
stationäre Krankenhausbehandlung,
Arznei-, Heil- und Hilfsmittel,
Zahnbehandlung und Zahnersatz,
Untersuchung und medizinisch notwendige Behandlung wegen Schwangerschaft und Entbindung,
in der Krankenhaustagegeldversicherung bei stationärer Behandlung ein Krankenhaustagegeld.

II. Krankheit

 

Rz. 5

Eine Krankheit ist ein körperlicher oder geistiger Zustand, der eine erhebliche Störung körperlicher oder geistiger Funktionen mit sich bringt.[3] Entscheidend ist nicht das subjektive Empfinden des Versicherungsnehmers, der Begriff der Krankheit ist vielmehr objektiv zu bestimmen.[4] Adipositas (Fettleibigkeit) ist nur dann eine Krankheit, wenn sie zu körperlichen Funktionsstörungen führt, weibliche Empfängnisunfähigkeit und männliche Zeugungsunfähigkeit sind Krankheiten.[5]

[3] BGH, NJW 2005, 3783 = VersR 2005, 1673; Prölss/Martin/Voit, § 192 VVG Rn 20 ff. m.w.N.
[4] Prölss/Martin/Voit, § 192 VVG Rn 21 m.w.N.
[5] BGH, NJW 2006, 3560 = VersR 2006, 1673; Prölss/Martin/Voit, § 192 VVG Rn 36 ff. mit umfassender Rechtsprechungsübersicht.

III. Heilbehandlungen

 

Rz. 6

Als Heilbehandlung ist jede ärztliche Tätigkeit zum Zwecke der Heilung, Besserung oder Linderung eines Leidens anzusehen.[6]

Heilbehandlung ist auch jede Maßnahme, die der Verhütung einer Verschlimmerung des Leidens dient.[7]

 

Rz. 7

Maßnahmen zur Erkennung der Krankheit (Diagnose) gehören ebenso zur erstattungsfähigen Heilbehandlung.[8]

 

Rz. 8

Bei unheilbaren Krankheiten kommt es somit darauf an, ob eine vorübergehende Hemmung einer Verschlimmerung der Krankheitsfolgen möglich ist.[9]

[6] Prölss/Martin/Voit, § 192 VVG Rn 49 m.w.N.; BGH, VersR 2006, 1673 = NJW 2006, 3560.
[8] BGH, VersR 1978, 272.

IV. Medizinische Notwendigkeit

 

Rz. 9

Die Frage der medizinischen Notwendigkeit ist weder aus der Sicht des Versicherten noch allein aus der Sicht des behandelnden Arztes zu beantworten; der Auffassung des behandelnden Arztes kommt jedoch indizielle Bedeutung für die medizinische Notwendigkeit seiner Maßnahme zu.[10]

 

Rz. 10

Eine Behandlungsmaßnahme ist dann als notwendig anzusehen, wenn es nach den objektiven medizinischen Befunden und wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Behandlung vertretbar war, sie als medizinisch notwendig anzusehen.[11]

 

Rz. 11

Der Versicherungsnehmer ist für die medizinische Notwendigkeit der Behandlung beweispflichtig; dieser Beweis kann in der Regel nur durch ein gerichtlich eingeholtes Gutachten eines neutralen Sachverständigen geführt werden.[12]

[11] BGH – IV ZR 1130/04, VersR 2005, 1673; Prölss/Martin/Voit, § 192 VVG Rn 64.
[12] OLG Köln, r+s 1997, 123; KG – 6 U 262/98, VersR 2000, 89.

V. Verhältnismäßigkeit

 

Rz. 12

Nach früherer Kommentierung und Rechtsprechung gehörte zur medizinischen Notwendigkeit auch die Vertretbarkeit der Höhe der Kosten. Dieser Auffassung ist der BGH in einer Grundsatzentscheidung vom 12.3.2003[13] entgegengetreten. Der BGH führt aus, dass Versicherungen zwar nur die Kosten für medizinisch notwendige Heilbehandlungen übernehmen müssen. Hierbei komme es jedoch nur darauf an, ob die Behandlung als solche medizinisch notwendig war. Kostengesichtspunkte dürften keine Rolle spielen. Wenn Versicherer nur die jeweils kostengünstigere Behandlung übernehmen wollten, müsse dieses in den Versicherungsbedingungen klar zum Ausdruck kommen.

 

Rz. 13

Nach dieser Entscheidung dürften auch andere kostspielige Behandlungen (Lasik-Operationen, Zahnimplantate) erstattungsfähig sein.[14]

[14] Van Bühren/Commer, Handbuch Versicherungsrecht, § 17 Rn 316 m.w.N.; LG Dortmund, VersR 2007, 1401; Kessal-Wulf, r+s 2010, 353 ff.; a.A. LG München, VersR 2007, 1073.

VI. Heilpraktiker

 

Rz. 14

Gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 MB/KK 2009 sind auch die Kosten eines Heilpraktikers im Sinne des D...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge