Rz. 33

Bei der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis kann – auf Antrag oder von Amts wegen – gemäß § 111a Abs. 1 S. 2 StPO eine Ausnahme für bestimmte Fahrzeuge angeordnet werden. Die Voraussetzungen entsprechen denen des § 69a Abs. 2 StGB. Die Einschränkung der Maßnahme ist nur für bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen zulässig, nicht für bestimmte Zeiten,[53] Orte, Gebiete oder für Kraftfahrzeuge bestimmter Eigentümer oder Halter.[54]

 

Rz. 34

In der Praxis kann sich die Frage stellen, ob bei Vorliegen eines Trunkenheitsdeliktes hinsichtlich der Ungeeignetheit zwischen einer privaten (Fahrt mit Pkw oder Motorrad) und einer beruflichen Sphäre (Fahren mit Lkw oder Bus) unterschieden werden kann. Entscheidend ist, ob der Zweck der Maßnahme, also der Schutz der Allgemeinheit vor Risiken, gewährleistet ist, und zwar differenziert nach dem privaten oder beruflichen Bereich.[55] Die Entscheidung ist zu orientieren an der Frage, ob objektive oder subjektive Umstände die Annahme rechtfertigen, dass der Zweck der Maßregel nicht gefährdet wird.[56]

Die Handhabung wird eher restriktiv sein. Es ist nicht möglich, eine Ausnahme von der Entziehung der Fahrerlaubnis für ein bestimmtes Fahrzeug vorzunehmen.[57]

 

Rz. 35

In der Durchführung der Entscheidung über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ist zu beachten, dass insoweit der Führerschein in amtliche Verwahrung genommen wird. Die Verwaltungsbehörde muss deshalb alsbald einen Ersatzführerschein für die bestehen gebliebene Teil-Fahrerlaubnis erteilen.

 

Rz. 36

Nachfolgend werden Entscheidungen angeführt, die speziell zur vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 111a Abs. 1 S. 2 StPO ergangen sind. Hiernach kommen Ausnahmen von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis in Betracht wie folgt:

Straßenwachtfahrzeuge (Pannenhilfsfahrzeuge) des ADAC sind "bestimmte Fahrzeugarten" im Sinne der Vorschriften über die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis und können bei Vorliegen besonderer Umstände es rechtfertigen, von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis abzusehen.[58]
Kraftfahrzeuge der früheren Klasse 2 können – ausnahmsweise – von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ausgenommen werden, wenn der Zweck der Maßnahme nicht gefährdet wird; insbesondere können Lastkraftwagen, deren zulässiges Gesamtgewicht mehr als 7,5 t beträgt, für die also die frühere Fahrerlaubnis der Klasse 2 erforderlich war, von der vorläufigen Entziehung ausgenommen werden.[59]
Auch kommt bei einer Ersttrunkenheitsfahrt (1,2 ‰) eines Kraftfahrers, die in der Privatsphäre mit privatem Pkw begangen wurde, in Betracht, Lkw der Klasse 3 (jetzt: C1) bis 7,5 t von der vorläufigen Fahrerlaubnisentziehung auszunehmen, wenn die Entziehung mit hoher Wahrscheinlichkeit die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zur Folge gehabt hätte.[60]
Ferner können landwirtschaftliche Fahrzeuge der Fahrerlaubnisklassen L und T von der vorläufigen Entziehung ausgenommen werden, wenn der Beschuldigte für seine weitere Ausbildung auf deren Nutzungsmöglichkeit angewiesen ist.[61] Gleiches kann für Traktoren gelten.[62]
[53] BayObLG NZV 2005, 592.
[54] NK-GVR/Blum, § 111a StPO Rn 12.
[55] Vgl. hierzu ausführlich Fischer, § 69a Rn 33.
[56] Fischer, a.a.O. Rn 32.
[57] BayObLG NZV 2005, 592.
[58] LG Hamburg NZV 1992, 422.
[59] LG Osnabrück zfs 1998, 273 mit ausführlicher Darstellung der Rspr. und Anm. Bode.
[60] AG Bitterfeld DAR 2000, 227.
[61] AG Gießen zfs 2010, 169; ebenso schon LG Saarbrücken zfs 2002, 307.
[62] LG Berlin, Beschl. v. 3.8.2005 – 509 Qs 34/05, juris.

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