Rz. 27

§ 18 Abs. 3 SGB VIII sieht Beratungs- und konkrete Unterstützungsleistungen der Jugendhilfe im Zusammenhang mit Umgangskontakten vor, wobei sich dieses Angebot nach dem Gesetzeswortlaut primär an Kinder und Jugendliche richtet (§ 18 Abs. 3 S. 1 SGB VIII). Dieses Leistungsangebot ist im Zusammenhang mit dem für Minderjährige gesetzlich verankerten höchstpersönlichen Recht auf Umgang mit dem nicht betreuenden Elternteil gem. § 1684 Abs. 1 BGB zu sehen (vgl. hierzu § 2 Rdn 8 ff.). Da im Zusammenhang mit einer Trennung oder Scheidung der Eltern leider häufig gerade der Umgangskontakt als Spielfeld nicht gelöster Probleme auf der Elternebene genutzt oder sogar missbraucht wird – in eindeutigem Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht nach § 1684 Abs. 2 BGB (siehe dazu § 2 Rdn 33 ff.) – macht das Angebot der Jugendhilfe nur dann Sinn, wenn das Kind oder der Jugendliche die Möglichkeiten der Beratung und Unterstützung – unabhängig von seinem Alter und seiner Einsichtsfähigkeit[104] – in Anspruch nehmen kann, ohne dass der betreuende Elternteil mitwirken muss und insbesondere hiervon zunächst Kenntnis erlangt. In diesem Sinn ist auch die Regelung des § 18 Abs. 3 SGB VIII ausgestaltet. Diese Struktur korrespondiert mit der seit dem BKiSchG geltenden Fassung von § 8 Abs. 3 SGB VIII. Danach haben Kinder und Jugendliche Anspruch auf eine Beratung ohne Kenntnis des Personensorgeberechtigten, wenn die Beratung aufgrund einer Not- und Konfliktlage erforderlich ist und solange durch die Mitteilung an den Personensorgeberechtigen der Beratungszweck vereitelt würde. Zwar wurde diese Fassung des § 8 Abs. 3 SGB VIII primär vor dem Hintergrund eines stärkeren Schutzes vor sexuellem Kindesmissbrauch veranlasst,[105] doch bringt sie sehr deutlich die Zielsetzung zum Ausdruck, dass das Kind einen ausdrücklichen Anspruch auf den staatlichen Schutzauftrag nach Art. 6 Abs. 2 S. 2 i.V.m. Art. 1, 2 GG hat. Auch wenn aus Art. 6 Abs. 2 GG für die Eltern ein Informationsanspruch zu Vorgängen folgt, deren Verschweigen die individuelle Erziehung des Kindes beeinträchtigen könnte,[106] muss das Elternrecht doch so weit und solange hinter dem Schutzauftrag des Staates zurücktreten, als es zu einem wirksamen Schutz des Kindes geboten ist.[107] § 18 Abs. 3 SGB VIII gewährt allerdings keinen Anspruch auf Übernahme von Fahrtkosten zur Ausübung des Umgangsrechts;[108] auch vom Annexanspruch des § 39 SGB VIII sind diese nicht umfasst.[109] Sie können allerdings nach § 21 Abs. 6 SGB II übernommen werden (siehe dazu auch § 2 Rdn 144 m.z.w.N.).[110]

 

Rz. 28

Nimmt das Jugendamt mit dem betreuenden Elternteil Kontakt auf, so ist dieser auf seine gesetzlichen Pflichten bei der Ausübung des Umganges[111] hinzuweisen. Zielrichtung ist dabei die Vermittlung und Schlichtung zur Sicherstellung des Umgangsrechts und damit der Anbahnung, Aufrechterhaltung und Vertiefung emotionaler Bindungen zwischen dem Kind und dem nicht betreuenden Elternteil. Nicht geschuldet werden jedoch Aufklärungs- und Hinweispflichten auf bestehende Umgangsregelungen.[112] Werden trotz Vermittlung und Beratung des Jugendamts Umgangsblockaden fortgesetzt oder wird der Umgang in sonstiger Form massiv beeinträchtigt, hat das Jugendamt das Familiengericht zu unterrichten, das dann amtswegig weitere Maßnahmen einleiten kann. Es versteht sich dabei von selbst, dass das Jugendamt auf der Grundlage der vom Kind oder dem Jugendlichen erhaltenen Erstinformation die Gesamtsituation bis zur etwaigen Information des Familiengerichts weiterhin zu beobachten hat. Wurde seitens des Jugendamts eine konkrete Leistung bereits mit Bescheid gewährt, so kann die Absicherung der künftigen Umsetzung gerichtlich nur dann geltend gemacht werden, wenn Anlass für die Annahme besteht, dass die Behörde dieser Verpflichtung nicht innerhalb des ihr Möglichen und Zumutbaren nachkommen wird.[113]

[104] Wiesner, HK SGB VIII, § 18 Rn 20.
[105] BT-Drucks 17/6256, S. 20.
[106] BVerfG FamRZ 1982, 463.
[107] BT-Drucks 17/6256, S. 20.
[108] OVG Berlin-Brandenburg ZKJ 2015, 249.
[109] VG Saarlouis JAmt 2011, 415.
[111] BT-Drucks 13/4899, S. 140.
[112] OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.8.2014 – 18 U 156/13, juris.
[113] OVG NRW, Beschl. v. 3.11.2014 – 12 B 1192/14, juris.

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