aa) Allgemeines

 

Rz. 400

Damit die Auseinandersetzung ordnungsgemäß vorgenommen werden kann, gewährt § 2057 BGB einen Anspruch auf Auskunft über ausgleichungspflichtige Vorempfänge (Ausstattungen, §§ 2050 Abs. 1, 1624 BGB; Schenkungen, §§ 2050 Abs. 3, 516 BGB; Zuschüsse zum Einkommen, § 2050 Abs. 2 BGB; Aufwendungen für die Berufsausbildung, § 2050 Abs. 2 BGB).

bb) Gläubiger des Auskunftsanspruchs

 

Rz. 401

Gläubiger ist jeder Miterbe, der zum Kreis der Ausgleichungsberechtigten gehört, also Abkömmling des Erblassers ist. Aber auch der Testamentsvollstrecker, zu dessen Aufgabe die Auseinandersetzung des Nachlasses gehört, kann Auskunft verlangen, weil er andernfalls eine ordnungsgemäße Auseinandersetzung nicht vornehmen könnte.[435]

[435] MüKo/Ann, § 2057 Rn 3; Staudinger/Löhnig, § 2057 Rn 3.

cc) Schuldner des Auskunftsanspruchs

 

Rz. 402

Schuldner des Auskunftsanspruchs sind die nach §§ 2050 ff. BGB Ausgleichungsverpflichteten, und auch ein nichterbender pflichtteilsberechtigter Abkömmling.[436]

[436] OLG Nürnberg NJW 1957, 1482; a.A., zumindest gegenüber dem Alleinerben: OLG München, Urt. v. 21.3.2013 – 14 U 3585/12, NJW 2013, 2690.

dd) Inhalt des Auskunftsanspruchs

 

Rz. 403

Nicht über jede Zuwendung ist Auskunft zu geben, sondern nur über solche, die auch der Ausgleichung nach §§ 2050 ff. BGB unterliegen. Anzugeben sind solche Zuwendungen, die nach ihren generellen Eigenschaften, also auch nur möglicherweise von den Ausgleichungsvorschriften erfasst werden.[437] Grundsätzlich sind alle Vorempfänge anzugeben, die auch nur möglicherweise von den Ausgleichungsvorschriften erfasst werden.[438]

Die Wertung, ob eine Zuwendung ausgleichungspflichtig ist oder nicht, kann nicht dem Empfänger allein überlassen bleiben. Deshalb hat er im Zweifel auch über solche Zuwendungen Auskunft zu erteilen, die er als nicht ausgleichungspflichtig ansieht (bspw. sog. Pflicht- und Anstandsschenkungen).

In der Praxis ist auch zu fragen nach erlassenen Schulden (Erlassvertrag = verfügendes Rechtsgeschäft, § 397 BGB), deren Kausalgeschäft ebenfalls eine ausgleichungspflichtige Zuwendung (Ausstattung oder Schenkung) sein kann.

Wegen der Verpflichtung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verweist § 2057 BGB auf § 260 BGB. Neues Verfahren für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung: §§ 410 ff. FamFG.

 

Rz. 404

Nach h.M. ist – noch auf der Grundlage zweier RG-Entscheidungen[439] – eine zeitlich und gegenständlich unbeschränkte "Totalaufklärung" geschuldet.[440]

Über folgende lebzeitige Zuwendungen ist – entsprechend der Verweisung in § 2057 auf die §§ 2050 ff. BGB – Auskunft zu erteilen:

Ausstattungen, §§ 2050 Abs. 1, 1624 BGB,
Zuschüsse zum Einkommen, § 2050 Abs. 2 BGB,
Aufwendungen für die Berufsausbildung, § 2050 Abs. 2 BGB,
andere Zuwendungen, vor allem Schenkungen, § 2050 Abs. 3 BGB.
[437] RGZ 73, 372, 377.
[439] RGZ 58, 88, 91, 93; RGZ 73, 372, 378.
[440] MüKo/Ann, § 2057 Rn 4; vgl. auch Sarres, ZEV 2000, 349.

ee) Wertangaben

 

Rz. 405

Angaben zum Wert sind allenfalls auf der Grundlage von § 242 BGB zu machen, vor allem über wertbildende Faktoren eines zugewendeten Gegenstandes.[441] Ein Anspruch auf Erstellung und Vorlage eines (Sachverständigen-)Wertgutachtens besteht allenfalls unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben.[442] Die Kosten dafür würde der an dem Gutachten interessierte Auskunftsgläubiger zu tragen haben.[443]

[441] BayObLG OLGE 40, 149; OLG Hamm FamRZ 1983, 1279; BGH, Urt. v. 27.1.2010 – IV ZR 91/09, ZErb 2010, 144 (m. Anm. Keim, ZEV 2010, 190); Soergel/Wolf, § 2057 Rn 1; MüKo/Ann, § 2057 Rn 6.
[442] OLG Hamm FamRZ 1983, 1279.
[443] BGHZ 84, 31, 35; BGH NJW 1986, 127; Bamberger/Roth/Lohmann, § 2057 Rn 4.

ff) Verjährung

 

Rz. 406

Der Auskunftsanspruch verjährt nach verbreiter Auffassung in 30 Jahren, § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Jedoch handelt es sich beim Auskunftsanspruch wohl eher um keinen Herausgabeanspruch i.S.d. § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Aus diesem Grund gehen Teile der Literatur davon aus, dass der Auskunftsanspruch als vorbereitender Teil des nicht verjährenden Auseinandersetzungsanspruchs ebenfalls nicht verjährt.[444]

Die nach § 254 ZPO erhobene Stufenklage hemmt nicht nur die Verjährung des Auskunftsanspruchs, sondern auch die Verjährung des Hauptanspruchs selbst (§ 204 BGB).

[444] Staudinger/Löhnig, § 2057 Rn 9 m.w.N.; Damrau/Tanck/Bothe, § 2057 Rn 7 m.w.N.

gg) Prozessuales

(1) Urkundenvorlage durch Dritte

 

Rz. 407

Nach § 142 ZPO kann das Gericht – ggf. unter Fristsetzung – von Amts wegen die Vorlage von Urkunden nicht nur durch die Parteien, sondern auch durch Dritte anordnen, sofern dem Dritten dies zumutbar ist und er kein Zeugnisverweigerungsrecht hat. Zwangsmittel stehen gegenüber dem Dritten wie gegenüber einem Zeugen zur Verfügung. Bei Erbteilungsklagen ist die Kenntnis über ausgleichungspflichtige Vorempfänge von großer Wichtigkeit (§§ 2050 ff., 1624 BGB). Urkunden sind generell zuverlässigere Beweismittel als Zeugenaussagen. Deshalb ist es für eine beweispflichtige Partei von Vorteil, wenn ein Dritter schriftliche Unterlagen, bspw. einen Überweisungsbeleg, vorlegen kann. Dritter kann auch der zuständige Mitarbeiter einer Bank sein, die Kontoun...

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