Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Auskunftsanspruch des Erben gegen den Pflichtteilsberechtigten

 

Leitsatz (amtlich)

Der Alleinerbe hat gegen den seine Ansprüche geltend machen den Pflichtteilsberechtigten keinen Auskunftsanspruch analog § 2057 BGB, insbesondere auch nicht im Zusammenhang mit § 2316 BGB. (Leitsatz des Gerichts)

 

Normenkette

BGB §§ 2057, 2316, 2314

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Urteil vom 03.08.2012; Aktenzeichen 23 O 219/12)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Teilurteil des LG Kempten (Allgäu) vom 3.8.2012 - 23 O 219/12, abgeändert:

Die Verurteilung des Klägers auf die Widerklage gem. Ziff. II. des o.g. Teilurteils des LG Kempten wird aufgehoben.

Die Widerklage wird abgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheit oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien, die Brüder sind und einen weiteren am Prozess nicht beteiligen Bruder haben, streiten um Vermächtnis-, Pflichtteils- und Auskunftsansprüche nach dem Tod der gemeinsamen Mutter P. Z. am 17.3.2009.

Der Beklagte ist testamentarischer Alleinerbe der Mutter. Zugunsten des Klägers, der auf seine Pflichtteilsansprüche nicht verzichtet hat, beinhaltet das Testament ein Vermächtnis.

Im Streit stehen insbesondere Zuwendungen der Mutter zu Lebzeiten, die im Testament angesprochen sind, und deren Ausgleichspflicht sowie der pflichtteilsrelevante Nachlasswert.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Teilurteil des LG Kempten vom 3.8.2012 (Bl. 37/42 d.A.) Bezug genommen.

Das LG hat die auf Auszahlung des Vermächtnisses i.H.v. 1.497,14 EUR gerichtete Klage wegen begründeter Aufrechnung mit einem Gegenanspruch (rechtskräftig) abgewiesen und in Ziff. II. des Tenors die Widerklage auf Auskunft zugesprochen.

Der Beklagte hatte insoweit beantragt:

Der Kläger wird verurteilt, dem Beklagten Auskunft über sämtliche Zuwendungen, welche er von Seiten der am 17.3.2009 verstorbenen P. Z., geb. G., erhalten hat, zu erteilen.

Darüber hinaus hat er Auskunft zu erteilen, was ihm über den Wert des Erhaltenen bekannt ist, insbesondere welche Umstände ihm bekannt sind, die eine Wertberechnung ermöglichen und welche Umstände ihm bekannt sind, die für oder gegen eine Ausgleichungspflicht nach §§ 2050 ff. BGB sprechen.

Das Erstgericht hat tenoriert:

Auf die Widerklage des Beklagten wird der Kläger verurteilt, Auskunft zu erteilen über alle potentiell ausgleichungspflichtigen Zuwendungen gem. § 2050 ff. BGB, die er von der am 17.3.2009 verstorbenen P. Z. (geb. G.) erhalten hat. Hierbei sind insbesondere Angaben zu machen über Art und Menge des Vorausempfangs, dessen wertbildende Faktoren, den Zuwendungszeitpunkt sowie einschlägige Erblasseranordnungen.

Die Verurteilung des Klägers zu bestimmten Auskünften über potentiell ausgleichspflichtige Zuwendungen der verstorbenen Mutter stützte das Erstgericht auf eine analoge Anwendung von § 2057 BGB.

Über den eingeklagten Pflichtteilsanspruch des Klägers i.H.v. 26.666,67 EUR und die Frage der Erstattungspflicht außergerichtlicher Kosten wurde noch nicht entschieden.

Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger nicht gegen die Abweisung seines Vermächtnisanspruchs, sondern nur gegen die Verurteilung auf die Widerklage.

Der Kläger rügt, dass das Erstgericht mit seiner Umgestaltung des Auskunftsantrags über die Grenzen der noch zulässigen Auslegung hinausgegangen sei.

Der Widerklageantrag sei von Anfang an nicht ausreichend bestimmt gewesen. Aber auch der Urteilstenor sei unrichtig, da er keinen vollstreckungsfähigen Inhalt habe. Es erschließe sich aus der Formulierung nicht, welche Zuwendungen gemeint seien.

In der Sache habe das Erstgericht rechtsfehlerhaft einen Auskunftsanspruch gemäß bzw. analog § 2057 BGB angenommen. Die im Urteil zitierte Entscheidung des OLG Nürnberg aus dem Jahr 1957 befasse sich mit einer anderen, nicht vergleichbaren Fallkonstellation.

Eine analoge Anwendung von § 2057 BGB komme für die Fälle in Betracht, in denen der nichterbende Pflichtteilsberechtigte zur Bestimmung seines Pflichtteils gem. § 2316 BGB ausgleichspflichtige Zuwendungen von den anderen plichtteilsberechtigten Abkömmlingen in Erfahrung bringen müsse.

Einem Erben gegenüber sei der Pflichtteilsberechtigte nicht auskunftspflichtig.

Der Kläger beantragt:

1. Das am 3.8.2012 verkündete Teilurteil des LG Kempten, Az. 23 O 213/12, wird in Ziff. II aufgehoben.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

Der Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und verteidigt das Ersturteil.

Der Beklagte benötige die mit der Widerklage beanspruchten Informationen zur Berechnung des dem Kläger ggf. geschuldeten Pflichtteils unter Berücksichtigung seiner Ausgleichspflicht für Zuwendungen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Partei...

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