A. Überblick

 

Rz. 1

Im Verfahren über einen Antrag auf Anordnung eines Arrests (§ 119 Abs. 2 S. 2 FamFG i.V.m. §§ 916934, 943945 ZPO) erhält der Anwalt die Gebühren nach Teil 3 VV unmittelbar.

 

Rz. 2

Ergänzend hierzu ordnet § 17 Nr. 4 Buchst. a) und b) RVG an, dass solche Verfahren gegenüber dem Hauptsacheverfahren als besondere Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG gelten. Daher verdient auch der Anwalt, der im Hauptsacheverfahren tätig ist, neben den dortigen Gebühren die vollen Gebühren der Nrn. 3100 ff. VV für seine Vertretung im Arrestverfahren.

 

Rz. 3

Mit zum Verfahren auf Anordnung eines Arrests zählen auch das Widerspruchsverfahren nach den §§ 924, 925 ZPO und das Rechtfertigungsverfahren nach § 942 ZPO. Beide "Nachverfahren" sind noch keine Abänderungs- oder Aufhebungsverfahren nach § 16 Nr. 5 RVG, sondern Teil des Anordnungsverfahrens.

 

Rz. 4

Verfahren über die Abänderung oder Aufhebung eines Arrests sind zwar ebenfalls gegenüber der Hauptsache eine gesonderte Angelegenheit (§ 17 Nr. 4 Buchst. d) RVG). Gegenüber dem zugrunde liegenden Anordnungsverfahren sind sie jedoch nicht gesondert abzurechnen; es liegt insoweit vielmehr nur eine Angelegenheit vor (§ 16 Nr. 5 RVG). Die Gebühren im gesamten Verfahren entstehen nur einmal (§ 15 Abs. 2 RVG).

 

Rz. 5

Als eine einzige gebührenrechtliche Angelegenheit gelten danach

das Anordnungsverfahren (§ 922 ZPO),
das Widerspruchsverfahren (§§ 924, 925 ZPO),
das Rechtfertigungsverfahren (§ 942 ZPO),
das Verfahren auf Aufhebung wegen nicht fristgemäßer Geltendmachung der Hauptsache (§ 926 Abs. 2 ZPO),
das Verfahren auf Aufhebung wegen veränderter Umstände (§ 927 ZPO).

B. Gegenstandswert

 

Rz. 6

Der Gegenstandswert richtet sich nach § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 42 Abs. 1 FamGKG. Die Vorschrift des § 41 FamGKG ist nicht anzuwenden.[1]

Der Wert ist in der Regel mit einem Drittel der zu sichernden Hauptforderung anzusetzen.[2]

[1] OLG Celle AGS 2010, 555 = NdsRpfl 2011, 19 = NJW-Spezial 2010, 699 = FamRZ 2011, 759; OLG Brandenburg AGS 2010, 556 = FamRZ 2011, 758; OLG München FamRZ 2011, 746; Thiel, in: Schneider/Volpert/Fölsch, § 42 Rn 94 ff. und Verfahrenswert-ABC Rn 46 ff.; Schneider/Herget, Rn 6760 ff.; a.A. Witte, FPR 2010, 316; Fölsch, in: Schneider/Volpert/Fölsch, § 41 Rn 7.
[2] OLG Celle AGS 2010, 555 = NdsRpfl 2011, 19 = NJW-Spezial 2010, 699 = FamRZ 2011, 759; OLG Brandenburg AGS 2010, 556 = FamRZ 2011, 758; OLG München FamRZ 2011, 746.

C. Die Gebühren

I. Erstinstanzliche Verfahren

1. Überblick

 

Rz. 7

In erstinstanzlichen Arrestverfahren erhält der Anwalt die Gebühren nach den Nrn. 3100 ff. VV. Dies gilt auch dann, wenn das erstinstanzliche Arrestverfahren vor dem Beschwerdegericht als Gericht der Hauptsache (§ 119 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 943 ZPO) stattfindet (Vorbem. 3.2 Abs. 2 S. 1 VV).

2. Verfahrensgebühr

 

Rz. 8

Der Anwalt erhält auch im Arrestverfahren zunächst einmal eine 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV. Hier gelten grundsätzlich keine Besonderheiten.

 

Beispiel 1: Arrestverfahren

Der Anwalt beantragt für die Ehefrau den Erlass eines Arrests wegen einer vermeintlichen Zugewinnausgleichsforderung in Höhe von 300.000,00 EUR. Der Antrag wird ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen. Das Gericht setzt den Verfahrenswert auf 100.000,00 EUR fest. Die Ehefrau verfolgt die Sache nicht weiter.

Für den Anwalt der Ehefrau fällt eine volle 1,3-Verfahrensgebühr an, da sie den Antrag eingereicht hat. Ob dem Antrag stattgegeben oder dieser zurückgewiesen wird, ist für den Anwalt auf Antragstellerseite unerheblich.

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV   1.953,90 EUR
  (Wert: 100.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.973,90 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   375,04 EUR
Gesamt   2.348,94 EUR
 

Rz. 9

Erledigt sich die Angelegenheit vorzeitig, also bevor der Antrag eingereicht, ein Sachantrag gestellt oder ein Termin wahrgenommen worden ist, entsteht nur eine 0,8-Verfahrensgebühr nach Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV.

 

Beispiel 2: Vorzeitige Erledigung Antragsteller

Der Anwalt erhält von der Ehefrau den Auftrag, den Erlass eines Arrestbeschlusses wegen einer vermeintlichen Zugewinnausgleichsforderung in Höhe von 300.000,00 EUR zu beantragen. Hierzu kommt es nicht mehr, weil der Ehemann eine Sicherheit stellt.

Der Anwalt der Ehefrau erhält in diesem Fall nur die ermäßigte 0,8-Verfahrensgebühr nach den Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV, da sich die Angelegenheit vorzeitig erledigt hat. Auszugehen ist auch hier von einem Wert in Höhe von 100.000,00 EUR (ein Drittel der Hauptsache, siehe Rdn 6).

 
1. 0,8-Verfahrensgebühr, Nrn. 3100, 3101 Nr. 1 VV   1.202,40 EUR
  (Wert: 100.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.222,40 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   232,26 EUR
Gesamt   1.454,66 EUR
 

Rz. 10

Die (0,8-)Verfahrensgebühr entsteht für den Rechtsanwalt auf Antragsgegnerseite dann, wenn er die Antragsschrift entgegennimmt und nichts Weiteres mehr unternimmt.

 

Beispiel 3: Vorzeitige Erledigung, Antragsgegner

Gegen den Ehemann ist ein Arrestbeschluss ohne mündliche Verhandlung ergangen (Wert: 100.000,00 EUR). Der Anwalt rät dem ...

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