Rz. 72

§ 51 Abs. 1 VersAusglG ist die Nachfolgeregelung zu § 10a VAHRG. Nach dieser Regelung ist die Abänderung einer Entscheidung zulässig, wenn sich eine wesentliche Wertänderung zu den bei der Ehescheidung zugrunde gelegten Werten ergeben hat. Für die Bemessung der Wesentlichkeit verweist § 51 Abs. 2 VersAusglG auf die Regelung für die Abänderung von Neutiteln in § 225 Abs. 2 und 3 FamFG. Zu beachten ist, dass die Abänderung bei allen Anrechten (auch denen, die nicht die Regelalterssicherungssysteme betreffen) zulässig ist. § 32 VersAusglG gilt nicht.

a) Wertänderung

 

Rz. 73

Der Wert des in der Ursprungsentscheidung in den Versorgungsausgleich einbezogenen Anrechts muss sich verändert haben. Die Gründe für die Wertänderung sind gleichgültig. Es kann sich um tatsächliche oder rechtliche Gründe handeln, etwa das Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst unter Verlust der Beamtenversorgung,[36] die Veränderung der Dynamisierung des Anrechts,[37] der Eintritt eines vorzeitigen Versorgungsfalls,[38] rechtliche Veränderungen in der Rentenversicherung[39] usw. Insofern entspricht die Rechtslage derjenigen nach § 10a VAHRG a.F.

 

Rz. 74

Gleichwohl hat sich die Rechtslage insofern nicht unerheblich geändert: § 51 Abs. 1 VersAusglG verlangt wegen des Verweises auf § 225 Abs. 2 FamFG eine Wertänderung nach dem Ende der Ehezeit.[40] Die Regelung gestattet deswegen nicht mehr die Abänderung einer Entscheidung, die schon ursprünglich falsch war, wenn nur dieser Fehler geltend gemacht wird.[41] Die bloße Korrektur von Fehlern der Ausgangsentscheidung ist kein Abänderungsgrund mehr.[42]

 

Rz. 75

Etwas anderes gilt jedoch, wenn ein Fehler bei der Erstentscheidung vorliegt und die Abänderung verlangt werden kann, weil eine Wertveränderung nach dem Ehezeitende ebenfalls vorliegt.[43] In diesem Fall ist das Gericht nicht an den fehlerhaften Ausgangspunkt gebunden; denn nach § 51 Abs. 1 VersAusglG ändert das FamG die bisherige Entscheidung ab, indem es die die in den Ausgleich einbezogenen Anrechte nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG teilt. Es findet also ein neuer Versorgungsausgleich nach neuem Recht statt, der durch die bisherige Entscheidung allein in der Weise limitiert ist, dass nur solche Anrechte einbezogen werden können, die auch in die abzuändernde Entscheidung einbezogen worden waren (siehe Rdn 124 ff.).

[36] BGH FamRZ 1989, 1058.
[37] Borth, Rn 1432.
[38] BGH FamRZ 1991, 1415; OLG Hamm FamRZ 1990, 173.
[39] Vgl. Borth, Rn 1429.
[40] Palandt/Brudermüller, BGB, § 51 VersAusglG Rn 6.
[41] Ruland, Rn 1146.
[42] Palandt/Brudermüller, § 51 VersAusglG Rn 6.
[43] Borth, Rn 1434.

b) Wesentlichkeit der Wertänderung

 

Rz. 76

Die Wertänderung muss wesentlich sein. Für die Bemessung der Wesentlichkeit kommt es auf jedes einzelne Anrecht an, nicht mehr auf die Wesentlichkeit der Abweichung insgesamt (vgl. § 51 Abs. 2 FamFG a.E.). Die Wesentlichkeitsgrenze ist daher insgesamt überschritten, wenn das auch nur bei einem einzigen Anrecht der Fall ist. Darauf, ob die Wertänderung durch eine andere Wertänderung auf der Gegenseite wieder ausgeglichen oder in ihren Wirkungen reduziert wird, kommt es nicht an.[44]

 

Rz. 77

Für die Bemessung der Wesentlichkeit wird auf § 225 Abs. 2 und 3 FamFG verwiesen (zum direkten Anwendungsbereich siehe Rdn 9 ff.). Es muss daher eine doppelte Wesentlichkeitsprüfung vorgenommen werden:

 

Rz. 78

Erreicht werden müssen zunächst 5 % des bisherigen Ausgleichswerts des Anrechts.

 

Rz. 79

 

Beispiel

Über den Versorgungsausgleich wurde 1997 entschieden. Der Ausgleichsanspruch in Bezug auf das einzige auszugleichende Anrecht belief sich auf umgerechnet 420 EUR. Bei einer Abänderung 2016 würde sich ein Ausgleichsbetrag von 480 EUR ergeben. Die Abweichung erfüllt die erste Stufe der Wesentlichkeitsprüfung, weil sie mit 60 EUR mehr als 5 % des bisherigen Ausgleichswerts (21 EUR) beträgt. Zu beachten ist, dass nicht einfach der ursprüngliche Ausgleichsanspruch und der Ausgleichswert des Anrechts bei einem Ausgleich nach neuem Recht verglichen werden dürfen, sondern dass es auf die Ausgleichswerte der einzelnen Anrechte ankommt.

 

Rz. 80

Bei einem Rentenwert als maßgeblicher Bezugsgröße muss außerdem 1 %, bei allen anderen Bezugsgrößen 120 % als Kapitalwert der am Ende der Ehezeit maßgeblichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV überschritten sein.

 

Rz. 81

 

Beispiel

Im obigen Beispiel (siehe Rdn 79) betrug die Bezugsgröße zum Ehezeitende 1997 4.270 DM. 1 % der Bezugsgröße sind 42,70 DM (entsprechend 21,85 EUR). Die Änderung liegt auch insofern über der Wesentlichkeitsschwelle, weil der Ausgleichswert sich um 60 EUR verändert hat.

 

Rz. 82

Ausnahmsweise ist die Abänderung auch ohne das Überschreiten der Wesentlichkeitsgrenze möglich, wenn durch die Wertveränderung wegen der dann ebenfalls veränderten Umrechnung in Wartezeitmonate eine Wartezeit für den Ausgleichsberechtigten erfüllt wird, welche bis dahin noch nicht erfüllt war (§ 51 Abs. 5 VersAusglG, § 225 Abs. 4 FamFG, zur entsprechenden Konstellation bei Neufällen mit mehr Details siehe Rdn 35).

[44] Hauß/Bührer, Rn 1181.

c) Auswirkungen zugunsten der Ehegatten oder ihrer Hinterbliebenen

 

Rz. 83

Die Abänderung findet nur s...

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