Rz. 273

Abweichungen von Beschaffenheitsvereinbarungen stellen bereits einen Sachmangel i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 1 BGB dar. Die Abgrenzung zur Garantie i.S.d. § 276 BGB hat an Bedeutung verloren, weil auch die Haftung für Beschaffenheitsvereinbarungen nicht formularmäßig ausgeschlossen werden kann (vgl. § 13 Rdn 52).

 

Rz. 274

Der zusätzliche, besondere Einstandswille des Verkäufers ist das entscheidende Unterscheidungskriterium der Garantie zur Beschaffenheitsvereinbarung.[694] Der Verkäufer muss sich für ein Beschaffenheitsmerkmal stark machen. Für die Abgrenzung (für konkrete Abgrenzungsbeispiele aus der Rechtsprechung vgl. § 14 Rdn 6, 11) sind auch die Besonderheiten des Gebrauchtwagenmarktes zu berücksichtigen.

 

Rz. 275

Beschaffenheitsvereinbarung und Garantieübernahme liegen umso näher zusammen, als es sich bei der verkauften Sache um eine nicht vertretbare und zudem noch um eine gebrauchte Sache handelt. Während Produktbeschreibungen bei neuen und vertretbaren Sachen zwar verbindlichen aber nicht garantierenden Charakter haben, ist deren Bedeutung bei unvertretbaren Sachen, erst recht bei gebrauchten Sachen, für den Käufer wesentlich höher, denn er erwirbt ein Unikat, so dass für die Kaufentscheidung jede beschriebene Einzelheit an Bedeutung gewinnt, insbesondere zu Alter und Laufleistung (individuell), weniger zu Leistung und Geschwindigkeit (gattungsmäßig).

 

Rz. 276

Beschreibungen gattungsmäßiger Merkmale sind somit eher als Beschaffenheitsvereinbarungen, die Hervorhebung individueller Merkmale eher als Garantieübernahme zu bewerten,[695] vor allem bei Erklärungen eines Verkäufers, der Händler oder Fachmann ist.[696]

 

Rz. 277

Eine versehentlich falsche Erklärung zum Hubraum oder zur Motorstärke in kW, also Leistungsmerkmale, die auch einem Gebrauchtfahrzeug gattungsmäßig zugehören, ist demnach i.d.R. nicht als Garantieübernahme zu bewerten.[697] Allerdings haftet der Verkäufer dennoch auf Schadensersatz, wenn er fahrlässig gehandelt hat und hierfür nicht in zulässiger Weise ein Haftungsausschluss vereinbart wurde. In der Vorlage eines Wertgutachtens über einen zu verkaufenden Gebrauchtwagen ist jedenfalls dann keine Garantieübernahme zu sehen, wenn das Gutachten erst auf Wunsch des Käufers eingeholt wird und der Verkäufer ein Privatmann ist.[698]

Angaben in Inseraten und Verkaufsangeboten sind jedenfalls dann nicht als Garantieübernahme zu bewerten, wenn diese bei der Besichtigung erkennbar nicht vorliegen (z.B. Lederausstattung) oder im Kaufvertrag korrigiert werden.[699] Ohne Korrektur wird aber – auch bei einem Privatverkäufer – die Fahrzeugbeschreibung im Internet häufig als Garantie für die aufgeführten Ausstattungsmerkmale (z.B. Alarmanlage und Airbag) anzusehen sein,[700] falls nicht konkrete Umstände dagegen sprechen, wie z.B. der Hinweis darauf, dass der Verkäufer den Pkw selbst gebraucht gekauft hat und der km-Stand daher als "ca.-Stand" angegeben wird.[701]

 

Rz. 278

Für die Beschreibung im Internet "km-Stand 30.000" durch einen Privatverkäufer lehnt der BGH[702] eine Garantieübernahme ab und bejaht nur eine Beschaffenheitsvereinbarung i.S.d. § 434 BGB. Für den Händler wird dagegen die uneingeschränkte KM-Angabe im Kaufvertrag als Garantieübernahme bewertet.[703]

 

Rz. 279

Verwenden private Verkäufer ausdrücklich das Wort "Garantie", müssen sie i.d.R. dann auch für die entsprechenden Zustandsbeschreibungen nach § 276 Abs. 1 BGB einstehen.[704] Andererseits setzt die Haftung nicht voraus, dass das Wort "Garantie" auch benutzt wird. Setzt ein Kfz-Händler in dem Feld mit der Überschrift "unfallfrei" das Wort "ja" ein, ist dies i.d.R. als Garantie zu bewerten.[705] Dagegen ist die Angabe der Unfallfreiheit in einem Formularvertrag nicht zwingend als Beschaffenheitsgarantie für den Vorbesitzerzeitraum anzusehen.[706]

[694] Erman/Grunewald, § 437 Rn 27.
[695] OLG Koblenz DAR 2004, 395; LG Kleve NJW-RR 2005, 422.
[696] Erman/Grunewald, § 437 Rn 33; Stöber, DAR 2004, 570, 572 ff.
[697] So bereits für die alte Rechtslage BGH NJW 1997, 2318 für "PS laut Fahrzeugbrief".
[700] LG Kleve NJW-RR 2005, 422.
[701] LG Saarbrücken MMR 2004, 556.
[702] BGH NJW 2007, 1346 m. Anm. Gutzeit.
[703] OLG Rostock DAR 2007, 588.
[705] LG Karlsruhe NJW-RR 2005, 1368.
[706] LG München I DAR 2004, 276.

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