Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschaffenheitsgarantie beim Gebrauchtwagenkauf

 

Leitsatz (amtlich)

1. Erklärt der Verkäufer bei den vorvertraglichen Verhandlungen auf ausdrückliche Frage, die Gesamtfahrleistung eines gebrauchten Pkw stimme mit dem Tachostand überein, liegt darin eine Beschaffenheitsgarantie. Ein vertraglicher Gewährleistungsausschluss greift daher nicht.

2. Der Verkäufer ist in einem derartigen Fall selbst bei fehlendem Verschulden schadensersatzpflichtig.

3. Zur Berechnung der Gebrauchsvorteile eines Pkw, dessen Laufleistung erheblich höher ist als von den Kaufvertragsparteien angenommen.

 

Verfahrensgang

LG Trier (Urteil vom 04.11.2003; Aktenzeichen 11 O 33/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Trier vom 4.11.2003 teilweise geändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.459,45 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 23.12.2002 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Mercedes-Benz 124 T/E 250 TD mit der Fahrgestell-Nr. ... und des Kraftfahrzeugbriefes-Nr. ...; es wird festgestellt, dass der Beklagte sich mit der Rücknahme des genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.

Die weiter gehende Klage und Berufung werden zurückgewiesen.

Die Kosten beider Rechtszüge trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

1. Die Klägerin hat am 6.4.2002 von dem Beklagten einen Pkw Mercedes Kombi, 250 TD, erstmals zugelassen am 2.6.1995, zum Preis von 10.000 Euro erworben. Der schriftliche Kaufvertrag (30 GA) sieht formularmäßig einen Gewährleistungsausschluss vor und enthält handschriftliche Eintragungen, über deren inhaltliche und rechtliche Bedeutung die Parteien teilweise streiten.

Das LG hat nach Beweisaufnahme (Sachverständigengutachten, Zeugenvernehmung, Parteianhörung) die Klage abgewiesen; auf Tatbestand und Entscheidungsgründe (127-134 GA) nimmt der Senat Bezug (§ 540 Abs. 1 ZPO).

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter und beantragt,

1. unter Abänderung des Urteils des LG Trier vom 4.11.2003 (LG Trier, Urt. v. 4.11.2003 - 11 O 33/03), den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 11.169,45 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 23.12.2002 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rücknahme des Pkw's der Marke Mercedes Benz 124 T/E 250 TD mit der Fahrgestell-Nr. ..., Kraftfahrzeugbrief-Nr. ...;

2. unter Abänderung des Urteils des vorgenannten Urteils des LG Trier festzustellen, dass der Beklagte sich mit der Rücknahme des unter Ziff. 1. genannten Pkw's der Marke Mercedes-Benz in Annahmeverzug befindet.

Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob der Beklagte im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag unrichtige Beschaffenheitsgarantien hinsichtlich der Unfallfreiheit und der Laufleistung des Fahrzeugs gegeben hat.

II. Die zulässige Berufung hat weitgehend Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, Zug um Zug gegen Erstattung des Kaufpreises und unter Anrechnung von Nutzungsvorteilen das Fahrzeug zurückzunehmen, ferner Schadensersatz hinsichtlich der Untersuchungskosten zu leisten (§§ 437 Nr. 2, Nr. 3, 434, 443, 444 BGB n.F.). Mit der Rücknahmeverpflichtung befindet er sich nach Rücktritt und Fristsetzung durch die Klägerin in Verzug.

1. Die im Zuge der erstinstanzlichen Beweisaufnahme getroffenen tatsächlichen Feststellungen werden von den Parteien nicht in Zweifel gezogen (§ 529 Abs. 1, Ziff. 1 ZPO). Danach ist das der Klägerin verkaufte Fahrzeug jedenfalls hinsichtlich der angenommenen Fahrleistung nicht von der vereinbarten Beschaffenheit. Im Vertrag ist der Kilometerstand mit 207.172 angegeben. Die Parteien sind bei ihren Verhandlungen davon ausgegangen, dass diese Angabe der Gesamtfahrleistung des Pkw entspricht. Diese Annahme ist falsch, da nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen der Wegstreckenzähler bei einer Laufleistung von über 300.000 km gewaltsam um 100.000 oder aber um 200.000 km zurückgedreht worden ist. Somit ist der der Klägerin veräußerte Pkw mangelhaft (§ 434 BGB), da nach neuem Recht eine derartige Beschreibung der Beschaffenheit zum Vertragsinhalt wird, ohne dass es einer Zusicherung bedürfte (Palandt/Putzo, BGB, 63. Aufl., § 434 Rz. 13-16; Hampel, JuS 2003, 465).

Entgegen der Auffassung des LG hat der Beklagte hinsichtlich der Gesamtlaufleistung des Mercedes aber auch eine "Garantie für die Beschaffenheit" übernommen, so dass der vereinbarte Gewährleistungsausschluss leerläuft (§§ 443, 444 BGB n.F.).

Ausgehend von den glaubhaften, nicht angegriffenen Zeugenaussagen und den Angaben der Parteien bei ihrer Anhörung ist dabei folgendes zu berücksichtigen:

Der Schwiegervater der Klägerin, der Zeuge M. K. führte in Anwesenheit der Klägerin für diese die Verhandlung. Sein Wissens- und Kenntnisstand ist (positiv wie negativ) nach den Grundsätzen der "Wissenszusammenrechnung" der Klägerin zuzurechnen (Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 166 Rz. 8).

Dem Zeugen K. kam es erkennbar darauf an, hinsichtlich aller preisbestimmenden Mer...

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