Rz. 163

Nach Art. 21 HKÜ kann der Antrag auf Durchführung oder wirksame Ausübung des Umgangs in derselben Weise an die Zentrale Behörde eines Vertragsstaates gestellt werden wie ein Antrag auf Rückgabe des Kindes. Das HKÜ versucht aber nicht, das Recht zum persönlichen Umgang erschöpfend zu regeln. Vielmehr wird es für die Zwecke des Abkommens als ausreichend angesehen, die Zusammenarbeit zwischen den Zentralen Behörden zu gewährleisten.[522]

Der Antrag nach Art. 21 HKÜ bedeutet die Einleitung eines Umgangsrechtsregelungsverfahrens.[523]

Die Zentrale Behörde kann auch zur Verwirklichung eines Umgangsrechts eingeschaltet werden, wenn Kind und Antragsteller ihren gewöhnlichen Aufenthalt in verschiedenen Mitgliedstaaten haben. Die Ausführungen zur Kindesrückgabe gelten entsprechend.

Insbesondere können die speziellen Versagungsgründe der Art. 13, 20 HKÜ analoge Anwendung finden.[524]

 

Rz. 164

In Europa wird zukünftig das Europaratsübereinkommen (EUÜ) (siehe Rdn 5)[525] über den Umgang mit Kindern von Bedeutung sein.[526] Ziel dieses Übereinkommens ist es seinem Art. 1 zufolge vor allem, allgemeine Grundsätze festzulegen, die auf Umgangsentscheidungen anzuwenden sind, und angemessene Schutzmaßnahmen und Garantien vorzusehen, um die ordnungsgemäße Ausübung des Umgangs und die sofortige Rückgabe der Kinder am Ende der Umgangszeit sicherzustellen. Nach Art. 4 EUÜ hat auch das Kind ein eigenes Recht auf Umgang mit seinen Eltern; der Umgang darf nur eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist, vor einem Ausschluss unbegleiteten Umgangs sind aber die Möglichkeit des begleiteten persönlichen Umgangs oder anderer Formen des Umgangs zu prüfen. Dem nach innerstaatlichem Recht hinreichend verständigen Kind wird das Recht gewährleistet, angehört zu werden und seine Meinung zu äußern, die gebührend zu berücksichtigen ist, Art. 6 EUÜ.

Das EUÜ lässt ausweislich seines Art. 20 das HKÜ, das ESÜ (dieses vorbehaltlich des technischen Art. 19 EUÜ), das HKÜ und das KSÜ unberührt.

 

Rz. 165

Für Deutschland bringt das EUÜ nichts wesentlich Neues; interessant und lesenswert ist aber Art. 10 EUÜ, der zahlreiche mögliche Schutzmaßnahmen und Garantien benennt, mit de­nen die Rückgabe des Kindes am Ende des Umgangs sichergestellt werden kann. Bedenkenswert ist insoweit – gerade bei grenzüberschreitenden Umgangskontakten – die dem Umgangsberechtigten gemachte Auflage einer Sicherheitsleistung, die auch in der Belastung von Vermögen liegen kann. Pfandrecht gegen Umgang – für den deutschen Praktiker sicher ungewohnt.[527]

[523] Staudinger/Pirrung, Vorb zu Art. 19 EGBGB Rn D 87; vgl. auch OLG Bamberg FamRZ 1999, 951.
[524] Bach/Gildenast, Rn 161; Staudinger/Pirrung, Vorb zu Art. 19 EGBGB Rn D 89.
[525] Text abgedr. unter § 14 F.
[526] Siehe dazu Schulz, FamRZ 2003, 336.
[527] Siehe zu den praktisch denkbaren Auflagen bei grenzüberschreitender Umgangsausübung Menne, iFamZ 2015, 312; ders., IFL 2016, 175.

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