I. Praktikeranfragen

 

Rz. 2

Als berufsständiger und wissenschaftlicher Vereinigung zur Vertretung der fachlichen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Belange der Testamentsvollstrecker gehört es zu den satzungsgemäßen Aufgaben der AGT, sich mit diesem Befund auseinanderzusetzen, der nicht grundsätzlich neu ist.[3] Schon seit gut 20 Jahren werden immer wieder Fragen zur Testamentsvollstreckervergütung an die AGT und einzelne Vorstandsmitglieder herangetragen, verstärkt in den letzten zehn Jahren. Und das gerade auch zu verlässlichen Kalkulationsgrundlagen für die Testamentsvollstreckervergütung. Bekanntlich nimmt der Testamentsvollstrecker in der Regel die Vergütungsauszahlung an sich selbst vor.[4] Da will er nachvollziehbar gerne auf sicheren rechtlichen Pfaden wandeln, zumal die Testamentsvollstreckervergütung anschließend gerichtlich überprüfbar ist.[5] Dieser Wunsch der Praxis nach Einheitlichkeit in der Vergütungsbemessung ist also nachvollziehbar, und zwar nicht nur aus Sicht des Testamentsvollstreckers, sondern auch aus Sicht der Erben und letztendlich auch des Erblassers. Erfüllt werden kann der Wunsch allerdings nicht, schon weil die Aufgaben der Testamentsvollstrecker dafür viel zu unterschiedlich sind.[6]

 

Rz. 3

Das Gesetz hilft oft nicht weiter. § 2221 BGB ist bewusst als offener Tatbestand formuliert und damit ersichtlich auslegungsbedürftig. Die Ausfüllung unbestimmter Gesetzesbegriffe obliegt den Gerichten.[7] Sie entscheiden im Streitfall final für jeden Einzelfall nach entsprechender Abwägung, welche Vergütung für die konkrete Testamentsvollstreckung als angemessen erscheint.

[3] Siehe dazu auch schon Schiffer, AnwZert ErbR 23/2021 Anm. 2. Darin enthalten ist auch die Erstveröffentlichung der nachfolgenden AGT-Anm01_DNotV-E.
[4] Vgl. etwa Winkler, Der Testamentsvollstrecker, Rn 623 ff.; OLG Hamburg, Beschl. v. 28.8.2019 – 2 W 66/19.
[5] Grüneberg/Weidlich, § 2221 BGB Rn 3.
[6] Siehe § 1 Rdn 12 ff.
[7] Vgl. nur MüKo-BGB/Zimmermann, § 2221 BGB Rn 8.

II. Vorüberlegungen

 

Rz. 4

Die letztendliche Zuständigkeit der Rechtsprechung verbietet nicht, dass die Praxis überzeugende Auslegungskriterien entwickelt, die einer einigermaßen einheitlichen Rechtsanwendung dienen. Dazu gibt es denn auch seit langem Vorschläge zu verschiedenen Vergütungstabellen.[8] In der Tat darf die grundsätzliche Zulässigkeit und oftmals auch Nützlichkeit unbestimmter Gesetzesbegriffe nicht den Blick darauf verstellen, dass die von der Norm Betroffenen immer auch in der Lage sein müssen, die Rechtslage schon vor ihrem Handeln zu erkennen und ihr Verhalten danach einzurichten. Anderenfalls wird das auch vom BGH betonte Ziel der Vergütungsempfehlungen,[9] dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit zu dienen, gerade nicht erreicht.

[8] Siehe dazu etwa bei Damrau/Tanck/Bonefeld, Praxiskommentar Erbrecht, § 2221 BGB Rn 9 ff.

III. Ausgangspunkt: DNotV-Empfehlungen

 

Rz. 5

Die in der Praxis und der Rechtsprechung weitgehend anerkannte Richtschnur[10] zur Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit i.S.v. § 2221 BGB sind die Empfehlungen des Deutschen Notarvereins für die Vergütung des Testamentsvollstreckers, die Fortentwicklung der "Rheinischen Tabelle". Sie wird teilweise auch "Neue Rheinische Tabelle" genannt.[11] Eine praxisgerechte Befassung mit dem Thema einer zeitgemäßen, angemessenen Testamentsvollstreckervergütung hat daher aus Sicht des Vorstandes der AGT von diesen Empfehlungen auszugehen.

[10] Siehe § 2 Rdn 22; ebenso etwa Winkler, Der Testamentsvollstrecker, Rn 585.
[11] Zur Vorsicht bei der Begriffswahl in letztwilligen Verfügungen mahnt die Entscheidung OLG München, Beschl. v. 21.6.2021 – 33 U 1651/21. Um Missverständnissen zur "alten" Rheinischen Tabelle aus dem Jahr 1925 vorzubeugen, empfiehlt sich die Verwendung der Bezeichnung "Vergütungsempfehlungen des Deutschen Notarvereins" (DNotV-E).

IV. Fortschreibung der DNotV-Empfehlungen

 

Rz. 6

Bei der Fortschreibung der Empfehlungen des Deutschen Notarvereins zur Vergütung des Testamentsvollstreckers erscheint es angebracht, die bisherigen Vergütungskriterien zumindest in Teilbereichen zu aktualisieren und an die geänderten Entwicklungen anzupassen. Es geht darum, auf der Grundlage dieser Empfehlungen Meinungen und juristische Aussagen zur aktuellen Praxisfragen betreffend die Testamentsvollstreckervergütung zu erarbeiten.

V. Vorgehen der AGT

 

Rz. 7

Die AGT wird deshalb künftig in loser Reihenfolge nach entsprechender Fachdiskussion in ihrem Vorstand und ausgehend von der geltenden Rechtslage fortlaufende Anmerkungen zur Ermittlung einer zeitgemäßen, angemessenen Testamentsvollstreckervergütung vorlegen und veröffentlichen, insbesondere auch auf der AGT-Homepage.[12] Die AGT will hier eine möglichst fundierte und überzeugend begründete Hilfestellung für die Praxis geben. Der Vorstand der AGT wird sich jeweils durch einzelne Mitglieder oder beauftragte andere Fachleute mit entsprechenden Fragen fachlich beschäftigen und sich anschließend insgesamt damit befassen, wie eine entsprechende Anmerkung zu den DNotV-E formuliert werden sollte. Die Anmerkungen werden durc...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge