Leitsatz (amtlich)

1. Soll sich die Vergütung des Testamentsvollstreckers nach der "rheinischen Tabelle" richten, ist nach den allgemeinen Grundsätzen der Testamentsauslegung zu klären, ob der Erblasser damit die (ursprüngliche) rheinische Tabelle für das Notariat in Rheinpreußen aus dem Jahre 1925 oder die sogenannte "Neue Rheinische Tabelle" gemeint hat.

2. Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände, insbesondere Andeutungen im Testament wie "neu", "fortentwickelt" oder auch nur solche in versteckter Form, richtet sich die Testamentsvollstreckervergütung in diesen Fällen nach der rheinischen Tabelle für das Notariat Rheinpreußen 1925.

 

Normenkette

BGB § 2221

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 18 O 11437/19)

 

Nachgehend

OLG München (Beschluss vom 26.07.2021; Aktenzeichen 33 U 1651/21)

 

Tenor

1. Der Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, seine Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 05.03.2021, Az. 18 O 11437/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

2. Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass seine Anschlussberufung im Falle der beabsichtigten Zurückweisung der Berufung des Beklagten gemäß § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung verlöre.

3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

4. Innerhalb dieser Frist können sich die Parteien auch zum Streitwert äußern, den der Senat beabsichtigt auf bis zu 110.000,00 EUR festzusetzen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Höhe der Testamentsvollstreckervergütung des Beklagten.

Der Kläger, seine Schwester A. F. und seine Stiefmutter An. F. sind aufgrund notariellen Testaments vom 10.06.2016 (Anlage K8) jeweils zu 1/3 Erben des am 03.01.2018 verstorbenen Erblassers Dr. P. F.

Der Erblasser setzte mit privatschriftlichem Nachtrag vom 07.11.2017 zu seinem Testament (Anlage K9) den Beklagten als Testamentsvollstrecker ein und bestimmte hinsichtlich seiner Vergütung: "Die Vergütung der Aufwendungen von P. L. wird anhand der rheinischen Tabelle abgewickelt. Vorauszahlungen sind zulässig."

Der Beklagte entnahm 131.667,00 EUR als Testamentsvollstreckervergütung aus dem Nachlass.

Mit der Klage forderte der Kläger 98.580,53 EUR der entnommenen Testamentsvollstreckervergütung zurück, zuzüglich Nebenforderungen, zu zahlen an die Erbengemeinschaft und zu hinterlegen beim Amtsgericht München. Das Erstgericht hat der Klage in Höhe von 88.925,87 nebst Nebenforderungen stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass die Auslegung des Testaments ergebe, dass die Vergütung nach der Rheinischen Tabelle des Notariats in Rheinpreußen aus dem Jahre 1925 und nicht nach der sog. Neuen/ fortentwickelten Rheinischen Tabelle zu berechnen sei. Zuschläge könne der Beklagte nicht beanspruchen.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufungsbegründung vom 19.04.2021 (Bl. 127/135, nachfolgend: BB) und mit einem weiteren Schriftsatz vom 17.05.2021 (Bl. 146/148). Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 08.05.2021 (Bl. 136/145) Anschlussberufung erhoben. Sie rügen jeweils Rechtsverletzungen durch das Erstgericht.

II. Der Senat beabsichtigt nach derzeitiger vorläufiger Rechtsauffassung die Berufung des Beklagten gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen, da er einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung im Ergebnis offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats durch Urteil nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Die angefochtene Entscheidung des Erstgerichts ist richtig. Das Ersturteil beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). Vielmehr rechtfertigen die Tatsachen, die der Senat im Rahmen des durch § 529 ZPO festgelegten Prüfungsumfangs der Beurteilung des Streitstoffes zugrunde zu legen hat, keine andere Entscheidung. Die Ausführungen des Beklagten vermögen dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen, da sie das Ersturteil nicht erschüttern. Zur Begründung nimmt der Senat zunächst Bezug auf die sorgfältigen und zutreffenden Ausführungen des Erstgerichts. Zu ergänzen ist folgendes:

1. Allgemeine Rechtsgrundsätze:

Der Senat legt seiner rechtlichen Bewertung folgende Rechtsgrundsätze zugrunde:

a) Bei der Testamentsauslegung gem. § 133 BGB kommt es auf den wirklichen Willen des Erblassers an, ohne am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (BGH, Urteil vom 08. Dezember 1982 - IVa ZR 94/81, juris Rn. 16; MüKoBGB/Leipold, 8. Aufl., § 2084 Rn. 1; Czubayko in: Burandt/Rojahn, ErbR, 3. Aufl., § 2084 BGB Rn. 9; Krätzschel in: Firsching/Graf, Nachlassrecht, 11. Aufl., § 9 Rn. 11; Fleindl in: NK-ErbR, 5. Aufl., § 2084 BGB Rn. 3). Gemäß § 133 BGB ist bei der Auslegung stets der wirkliche Wille des Erblassers zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Diesem Gebot wird nur dadurch Rechnung getragen, dass zur Erforschung des wirklichen Willens des Erblassers über die A...

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