Rz. 287

Zu Einzelzwangsvollstreckung, Universalvollstreckung und Aufrechnung kommt noch eine vierte Möglichkeit, bei der der Erbe mit seinem Eigenvermögen für eine Nachlassschuld einsteht, und zwar kraft Gesetzes: die Konfusion. Sie tritt ein, wenn der Erbe Gläubiger des Erblassers gewesen war. Der Erbe verliert seine Forderung mit dem Erbfall. Die Eröffnung eines der zwei förmlichen Nachlassverfahren (§ 1975 BGB) macht auch dieses wiederum rückgängig, § 1976 BGB. Hier arbeitet das Gesetz mit einer rückwirkenden Fiktion, vgl. Wortlaut des § 1976 BGB:

Zitat

"Ist die Nachlassverwaltung angeordnet oder das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet, so gelten die infolge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse als nicht erloschen."

 

Rz. 288

 

Beispiel

Erblasser E und Sohn S hatten einen Kaufvertrag geschlossen, wonach E dem S einen Pkw für 10.000 EUR verkauft. Im Zeitpunkt des Todes des E war der Vertrag von keiner Seite erfüllt. S wurde Alleinerbe des E. Damit wurde er Alleineigentümer des Pkw, seine Verbindlichkeit zur Kaufpreiszahlung ist erloschen. Zwei Monate später wird Nachlassverwaltung angeordnet.

S bleibt damit zwar Eigentümer des Pkw, er verliert jedoch die Verfügungsbefugnis darüber, seine Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung lebt wieder auf. Die Abwicklung des Vertrags geschieht auf die Weise, dass S den Kaufpreis an den Nachlassverwalter bezahlt und dieser den Pkw aus seiner Verwaltung frei gibt. Eine Übereignung ist nicht möglich, da der Pkw bereits im Eigentum des S steht.

 

Rz. 289

Dies gilt selbst für die Eintragung einer Zwangshypothek auf dem ehemaligen Miteigentumsanteil eines Erblassers, wenn der Erbe durch den Erbgang Alleineigentümer des ganzen Grundstücks geworden ist.[285] Der Erbe kann zu seinem Eigenvermögen gehörende Forderungen gegenüber Nachlassverwalter oder Insolvenzverwalter geltend machen, obwohl er selbst Rechtsinhaber des Eigenvermögens und andererseits des Nachlasses ist.[286]

 

Rz. 290

 

Hinweis

Bei der Berechnung eines Pflichtteilsanspruchs werden Forderung und Schuld ebenfalls – für die Berechnung – in Anlehnung an § 1976 BGB als nicht erloschen angesehen.[287]

[285] OLG Schleswig FGPrax 2011, 69 = SchlHA 2011, 167; a.A. jedoch OLG Koblenz NJW-RR 2006, 377 = ZEV 2006, 469, wonach eine Abklärung der Dürftigkeit im Erkenntnisverfahren nicht zu erfolgen habe.
[286] BGHZ 48, 219.
[287] BGHZ 98, 382, 389; OLG Brandenburg ErbR 2011, 248 = FamRZ 2011, 1681 = MDR 2011, 985.

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