Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Beschränkung der Erbenhaftung bei Veräußerungsgewinn durch Kündigung einer KG-Beteiligung seitens des Nachlassverwalters

 

Leitsatz (redaktionell)

Die auf einem Veräußerungsgewinn beruhende Steuerforderung, die durch eine nach dem Tod des Erblassers erfolgte Auflösung eines negativen Kapitalkontos entstanden ist, fällt auch infolge angeordneter Nachlassverwaltung nicht unter die beschränkte Erbenhaftung.

 

Normenkette

BGB §§ 1967, 1975, 1984; AO § 45 Abs. 2 S. 1, § 218 Abs. 2; EStG § 16

 

Nachgehend

BFH (Aktenzeichen VII R 35/13)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob Steuerforderungen gegenüber der Klägerin, die mit dem Nachlassvermögen im Zusammenhang stehen, jedoch nach dem Tod des Erblassers entstanden sind, aufgrund angeordneter Nachlassverwaltung der beschränkten Erbenhaftung unterfallen.

Die Klägerin ist Miterbin nach ihrem am 17.11.2002 in A verstorbenen Vater. Über das Vermögen des Erblassers wurde mit Beschluss des Nachlassgerichts vom 16.01.2003 die Nachlassverwaltung angeordnet und ein Nachlassverwalter bestellt. Das Vermögen des Erblassers beziffert sich nach Abzug der Kosten für die Nachlassverwaltung auf 0,– Euro.

Zum Vermögen des Erblassers gehörte unter anderem eine Kommanditbeteiligung an der B-Straße GmbH & Co. KG in E, einem geschlossenen Immobilienfons mit Einkünften aus Gewerbebetrieb. Während der Dauer der Beteiligung an dieser Gesellschaft hatte der Erblasser ein negatives Kapitalkonto aufgebaut.

Am 15.02.2003 kündigte der Nachlassverwalter die Beteiligung des Erblassers, der zu diesem Zeitpunkt noch als Kommanditist im Handelsregister eingetragen war, an dieser Gesellschaft zum 31.12.2004, dem frühestmöglichen Zeitpunkt. Die Eintragung der Klägerin als Gesellschafterin im Handelsregister für die Zeit nach dem Erbfall erfolgte erst am 17.11.2005.

Durch die Kündigung sind dem Nachlass keine Mittel zugeflossen. Forderungen der Immobilien-KG gegenüber dem Nachlass auf Rückzahlung erhaltener Ausschüttungen als Sanierungsbeitrag wurden mangels zureichenden Nachlassvermögens nicht durchgesetzt.

Aufgrund der Kündigung ergab sich ein Veräußerungsgewinn i.H.v. 35.710,60 EUR durch Auflösung des negativen Kapitalkontos des Erblassers. Dieser wurde der Klägerin mit Gewinnfeststellungsbescheid 2004 vom 30.04.2007 gemäß ihrem Erbanteil anteilig zugerechnet. Die Einkommensteuerfestsetzung 2004 erhöhte sich aufgrund der Auswertung des Gewinnfeststellungsbescheids 2004, was zu einer Einkommensteuernachzahlung einschließlich Solidaritätszuschlag und Zinsen i.H.v. 18.146,31 EUR der Klägerin führte.

Der Einkommensteuerbescheid 2004 wurde nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung und Ablauf der Klagefrist bestandskräftig.

Mit Schreiben vom 02.06.2009 begehrte die Klägerin – wie bereits im Verfahren der Einkommensteuerfestsetzung 2004 – wegen beschränkter Erbenhaftung die Einstellung der Zwangsvollstreckung und die Beitreibung der Einkommensteuerforderung auf den Nachlass zu beschränken. Um Vollstreckungsmaßnahmen zu vermeiden, zahlte die Klägerin den noch offenen Einkommensteuerbetrag.

Am 11.08.2009 erließ der Beklagte einen Abrechnungsbescheid. Hiergegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 17.08.2009 Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 26.08.2010 als unbegründet zurückwies.

Mit ihrer hiergegen fristgerecht erhoben Klage macht die Klägerin geltend, durch die Nachlassverwaltung sei eine beschränkte Erbenhaftung gemäß §§ 1975 ff. BGB dergestalt eingetreten, dass das Nachlassvermögen vom Eigenvermögen der Klägerin abgesondert worden sei. Auch wenn die Klägerin Steuerschuldnerin des Veräußerungsgewinns geworden sei, sei diese Steuerschuld nur aus dem Nachlass zu bestreiten. Die Verlustzuweisungen, die zur Bildung des negativen Kapitalkontos geführt hätten und die daraus resultierenden Steuervorteile seien alleine dem Erblasser zu Gute gekommen. Die Klägerin habe hingegen keinerlei Vorteile aus der Beteiligung gezogen. Der Wegfall des negativen Kapitalkontos ohne Ausgleichsverpflichtung wiederum habe zum Entstehen des Veräußerungsgewinns geführt, auf den die Einkommensteuer 2004 angefallen sei. Der Nachlassverwalter habe entsprechend seiner Pflicht unverzüglich die Beteiligung gekündigt. Die Entstehung des Veräußerungsgewinns sei einzig und alleine durch das Verhalten des Erblassers veranlasst und entfiele ausschließlich in dessen Sphäre.

Es liege auch keine Nachlasserbenschuld vor. Auch sei sie keine Nachlassverbindlichkeit mit der Folge der Haftung eingegangen. Ihre Inanspruchnahme verstoße sowohl gegen das steuerliche Äquivalenzprinzip als auch gegen das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Soweit der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 28.04.1992 (VII R 33/91, BStBl II 1992, 781) entschieden habe, dass es sich in entsprechenden Fällen um eine Eigenschuld des Erben handele, so habe er mit seinem Urteil vom 18.08.1998 (VII R 118/95, BStBl II 1998, 705) zu erkennen gegeben, dass er an dieser Rechtsprechung unter Umständen nicht mehr ...

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