Rz. 652

Den Nachlassgläubigern gegenüber besteht nach § 1980 Abs. 1 S. 1 BGB eine unverzügliche Insolvenzantragspflicht, wenn der Erbe Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung erlangt. Der Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung steht die auf Fahrlässigkeit beruhende Unkenntnis gleich, § 1980 Abs. 2 S. 1 BGB. Fahrlässigkeit ist anzunehmen, wenn der Erbe das Aufgebot der Nachlassgläubiger nicht beantragt, obwohl er Grund hat, das Vorhandensein unbekannter Nachlassverbindlichkeiten anzunehmen. Mehrere Erben haften als Gesamtschuldner. Im Rahmen der Schadensersatzpflicht aus § 1980 Abs. 1 S. 2 BGB ist dem Erben die schuldhaft verspätete Stellung des Insolvenzantrags durch den Nachlasspfleger – und damit auch durch den Nachlassverwalter – nicht gem. §§ 166 Abs. 1, 278 BGB zuzurechnen.[515]

Der Erbe ist Schuldner des Nachlassinsolvenzverfahrens.[516]

 

Rz. 653

Bei der Ermittlung der Überschuldung sind neben den Masseverbindlichkeiten nach § 334 InsO alle in §§ 325 ff. InsO genannten Verbindlichkeiten, also auch Vermächtnisse, Auflagen und Pflichtteilsansprüche, zu berücksichtigen. Kann ein Erbe gegenüber einem Pflichtteilsanspruch mit einer zum Nachlass gehörenden Darlehensforderung gegen den Pflichtteilsberechtigten aufrechnen, muss er keinen Pflichtteil zahlen.[517] Bei der Berechnung der Höhe des Pflichtteilsanspruchs gelten Rechtsverhältnisse, die in Folge des Erbgangs durch Vereinigung von Forderung und Verbindlichkeit erloschen sind, entsprechend den §§ 1976, 2143, 2377 BGB als nicht erloschen.[518]

[515] BGH ZEV 2005, 109 = NJW 2005, 756 = NZI 2005, 162.
[516] BGH ZEV 2005, 112; BGH NJW 1969, 1349; Küpper, Rpfleger 2001, 260 m.w.N. Vgl. auch zum Nichtbestreiten einer Insolvenzforderung von Seiten des Erben, über die ein Rechtsstreit gegen den Erblasser geführt wurde, BGH ZEV 2005, 112.

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