Leitsatz (amtlich)

Kann eine Erbin gegenüber einem Pflichtteilsanspruch mit einer zum Nachlass gehörenden Darlehensforderung gegen den Pflichtteilsberechtigten aufrechnen, muss sie keinen Pflichtteil zahlen.

 

Normenkette

BGB §§ 387ff, 488, 1922, 2303, 2311

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 5 O 248/14)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 13.07.2016 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind Geschwister. Im vorliegenden Rechtsstreit macht der Kläger den Pflichtteil nach ihrer am 00.00.2011 verstorbenen Mutter, der Erblasserin G2, geltend.

Die Eltern der Parteien, G und G2, setzten sich in ihrem notariellen Testament vom 06.11.1969 gegenseitig als Alleinerben ein. Einen Schlusserben bestimmten sie nicht. Auf die Testamentsurkunde wird verwiesen (Bl. 362 d.A.).

Damals war der Vater der Parteien Alleineigentümer eines Grundstücks in M, eingetragen im Grundbuch von X, Bl. .... Der Kläger errichtete auf diesem Grundbesitz in den 1970er Jahren für sich und seine Familie einen Anbau an das Wohnhaus seiner Eltern. Für die Finanzierung dieses Anbaus nahm der Kläger Darlehen bei der Volksbank W2 eG auf. Die Darlehen des Klägers wurden durch Grundschulden in Höhe von insgesamt 170.000,-DM auf dem o.g. Grundbesitz abgesichert. Anfang der 1990er Jahre konnte der Kläger die aufgenommenen Darlehen nicht mehr bedienen. Seine Verbindlichkeiten beliefen sich auf mehr als 305.000,-DM.

Es drohte die Zwangsvollstreckung in o.g. Grundbesitz. Im Grundbuch von X, Bl. ... wurde am 08.01.1992 ein Zwangsversteigerungsvermerk eingetragen.

Mit notariellem Vertrag vom 20.11.1992 übertrug der Vater der Parteien das Teilgrundstück, auf dem sich der vom Kläger errichtete Anbau befand, für einen Kaufpreis von 270.000,-DM auf den Sohn des Klägers P. Zuvor hatten die Eltern der Parteien In Höhe von 50.000,-DM nahmen ein Darlehen bei der Volksbank aufgenommen, das wiederum durch eine Grundschuld auf dem o.g. Grundbesitz abgesichert wurde. Der Erlös aus der Abwicklung des Kaufvertrages wurde zur Ablösung der Darlehensverbindlichkeiten des Klägers bei der Volksbank verwendet. Die Grundschulden, welche die Darlehen des Klägers absicherten, wurden gelöscht. Auf die Aufstellung der Volksbank W2 eG vom 06.01.1993 (Bl. 147 d.A.) wird Bezug genommen.

In einer weiteren notariellen Urkunde vom 20.11.1992 ließen die Eheleute G und G2 sowie der Kläger Vereinbarungen beurkunden. Unter § 4 bestätigte der Kläger, dass ihm von seinen Eltern in Höhe von 100.000,-DM ein Darlehen gewährt worden war, von dem nach sofortiger Zahlung eines Betrages von 5.000,-DM noch 95.000,-DM offen waren. Hierüber sollte bis zum 31.01.1993 eine Rückzahlungsvereinbarung getroffen werden. Gem. § 5 sollte ein beim Tod eines Elternteils noch offener Rückzahlungsanspruch auf den jeweiligen Pflichtteilsanspruch angerechnet werden, wenn der Sohn gegenüber dem überlebenden Elternteil seine Pflichtteilsansprüche geltend machte.

Wegen des weiteren Inhalts wird auf die notarielle Urkunde (Bl. 9 ff d.A.) verwiesen. Unstreitig zahlte der Kläger in der Folgezeit keine weiteren Beträge auf das Darlehen.

Nach dem vom Kläger mit der Klageschrift vom 23.12.2014 vorgelegten schriftlichen Darlehensvertrag vom 30.10.1993 gewährte die Beklagte ihren Eltern ein Darlehen in Höhe von 50.000,-DM. Auf die Vertragsurkunde (Bl. 16 d.A.) wird Bezug genommen. Am 29.10.1993 hatten die Beklagte und ihre Ehemann ein Darlehen bei der Volksbank zur Ablösung der Verbindlichkeiten der Eltern der Parteien aufgenommen (Darlehensvertrag Bl. 92 d.A.).

Der Vater der Parteien verstarb am 00.00.1994 und wurde von der Erblasserin allein beerbt.

Am 05.03.1998 errichtete die Erblasserin ein notarielles Testament, in dem sie unter § 1 die Beklagte zu ihrer Alleinerbin bestimmte. Hinsichtlich des Klägers ordnete sie unter § 2 an, dass dieser sich den nicht zurückgezahlten Darlehensbetrag in Höhe von 95.000 DM, welchen er mit notarieller Urkunde vom 20.11.1992 anerkannt habe, auf seinen Pflichtteil anrechnen lassen müsse (AG Bünde, IV 79,98, Bl. 26 ff).

Nach dem Tod der Erblasserin (00.00.2011) nahm die Beklagte die Erbschaft an.

Mit Schreiben vom 21.08.2014 kündigte die Beklagte gegenüber dem Kläger das Darlehen über 95.000,-DM vom 20.11.1992.

Am 24.11.2011 zahlte die Beklagte dem Kläger einen Betrag von 2.200,-EUR aus dem Nachlass aus.

Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger einen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 36.183,37 EUR nebst Zinsen eingeklagt. Wegen der Begründung des Klageanspruchs und seiner Berechnung wird auf die Klageschrift Bezug genommen.

Die Beklagte h...

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