Rz. 111

Änderungen des Gesellschaftsvertrages bzw. der Satzung unterliegen daher grds. dem Selbstkontrahierungsverbot,[145] sodass der Minderjährige durch einen Ergänzungspfleger vertreten werden muss.[146] In Abwägung des gewollten Minderjährigenschutzes einerseits und der Handlungsfähigkeit der Gesellschaft andererseits sollte die Anwendbarkeit des § 181 BGB jedoch nur auf solche bedeutsamen Änderungen des Gesellschaftsvertrages beschränkt werden, welche eine Benachteiligung des Minderjährigen erwirken können und ein erhöhtes Schutzbedürfnis entfalten (z.B. Änderung von Stimmrechten, Kapitalerhöhungen etc.).

 

Rz. 112

Mögliche vorteilhafte (z.B. Begründung von Exklusivrechten ausschließlich zugunsten des Minderjährigen[147]) oder neutrale (z.B. Änderung der Firma, Sitzverlegung) Änderungen des Gesellschaftsvertrages sind von dem § 181 BGB nicht berührt.[148]

 

Rz. 113

Die Genehmigungsbedürftigkeit einer Satzungsänderung in einer Kapitalgesellschaft nach § 1822 Nr. 3 BGB wird allgemein verneint.[149] Die Genehmigungsbedürftigkeit einer Gesellschaftsvertragsänderung in einer Personengesellschaft ist hingegen umstritten. Teilweise wird diese sogar verneint, wenn durch die Änderung des Gesellschaftsvertrages in Rechte und Pflichten des minderjährigen Gesellschafters eingegriffen wird.[150] Insbesondere im Hinblick auf die Schutzbedürftigkeit und die Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Änderungen und Neufassung eines Gesellschaftsvertrages existieren jedoch zu Recht starke Gegenmeinungen, welche die Änderungen von Gesellschaftsverträgen einer Personengesellschaft mit minderjährigen Gesellschaftern stets von einer Genehmigung nach § 1822 Nr. 3 BGB abhängig machen.[151] Eine Genehmigungspflicht sollte im Falle "wesentlicher bedeutsamer Änderungen" des Gesellschaftsvertrages einer Erwerbsgesellschaft, unabhängig von der Rechtsform, entsprechend der Genehmigungspflicht beim Eintritt des Minderjährigen in eine neu zu gründende Gesellschaft und dem Beitritt in eine Personengesellschaft zwingend bejaht werden[152] (vgl. Rdn 58 ff. und 76 f.).

 

Rz. 114

Die Genehmigungsbedürftigkeit kann sich jedoch auch aus § 1822 Nr. 10 BGB ergeben, wenn z.B. durch die Änderung des Gesellschaftsvertrages die Gesellschafterstellung des Minderjährigen vom Komplementär in die eines Kommanditisten gewechselt wird.[153]

[145] So auch BGH, Urt. v. 24.5.1976 – II ZR 164/74, NJW 1976, 1538, 1539.
[146] Münchener Anwaltshandbuch Erbrecht/Pawlytta, § 42 Rn 141, 143; MüKo/Schäfer, § 709 Rn 78; Staudinger/Schilken, § 181 Rn 22; MüKo/Schubert, § 181 Rn 36; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, § 47 Rn 60, § 53 Rn 81.
[147] Jedoch nur, solange das Sonderrecht nur dem Minderjährigen und keinem weiteren Gesellschafter zugewandt wird.
[148] Nitze, Der minderjährige Gesellschafter im Familienunternehmen, S. 92.
[149] Bürger, RNotZ, 2006, 156, 177; Scholz/Priester, GmbHG, § 53 Rn 104; Baumbach/Hueck/Zöllner/Noack, GmbHG, § 53 Rn 81.
[151] NK-BGB/Fritsche, § 1822 Rn 20; van de Loo/Strnad, ZEV 2018, 617, 622; Soergel/Zimmermann, § 1822 Rn 26.
[152] So auch Palandt/Götz, § 1822 Rn 9.
[153] Kölmel, RNotZ 2010, 1, 23; MüKo/Kroll-Ludwigs, § 1822 Rn 64; Staudinger/Veit, § 1822 Rn 173.

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