Rz. 5

Die sekundären Schutzpflichten aus einem fremden Vertrag erstrecken sich dann auf einen Dritten, wenn dieser bestimmungsgemäß mit der vertraglichen Hauptleistung in Berührung kommt und deswegen den damit verbundenen Gefahren ebenso ausgesetzt ist wie der Gläubiger, dem der Schuldner zur Abwendung dieser Gefahren verpflichtet ist, und wenn die Vertragspartner den Dritten schützen wollen.[14]

Ursprünglich hatte sich die entsprechende Rechtsprechung des BGH auf die Fortführung derjenigen des RG beschränkt (vgl. Rdn 2).[15]

 

Rz. 6

Schon damals stand die Rechtsprechung vor der Aufgabe, den geschützten Personenkreis eng zu ziehen, um dem Vertragsschuldner mit einer Schadensersatzpflicht ggü. einem Dritten kein unberechenbares – und damit regelmäßig unversichertes –, unerträgliches Haftungsrisiko aufzuerlegen. Ist die Wahrung eines Drittinteresses von den Vertragspartnern nicht zum Gegenstand des Vertrages gemacht worden, sind Nachteile eines Dritten, die durch den Vertragsschuldner im Zusammenhang mit seiner Vertragsleistung ausgelöst werden, grds. "reine Reflexwirkungen", die keinen vertraglichen Schadensersatzanspruch begründen.[16] Der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte darf nicht die Grenzen zwischen Vertrags- und Deliktshaftung aufheben[17] und zu einer uferlosen deliktischen Generalklausel werden.[18] Zur Eingrenzung des geschützten Personenkreises hatte der BGH, falls die Vertragserklärungen und das Verhalten der Vertragspartner insoweit keine Anhaltspunkte enthielten, zunächst verlangt, dass der Vertragsgläubiger eine (familien- oder arbeitsrechtliche, mietvertragliche) Fürsorgepflicht ggü. dem Dritten habe und deswegen für dessen "Wohl und Wehe" verantwortlich sei,[19] sodass Angehörige, Arbeitnehmer und Mieter des Gläubigers geschützt wurden; in solchen Fällen spricht die objektive Interessenlage dafür, dass die Vertragspartner solche Dritte schützen wollen. Diese Voraussetzungen hat der BGH aufgegeben.[20]

[14] U.a. BGHZ 70, 327, 329 = NJW 1978, 883; BGHZ 96, 9, 17 = NJW 1986, 249; BGH, NJW 1984, 355, 356; BGH, NJW 1985, 489; BGH, NJW 1994, 2231; BGHZ 133, 168, 173 = JZ 1997, 358, 359 f. = NJW 1996, 2927.
[15] Vgl. BGH, NJW 1954, 874; BGH, VersR 1955, 740, 742; BGH, NJW 1956, 1193, 1194.
[16] Vgl. BGH, NJW 1977, 2073, 2074.
[17] BGH, NJW 1977, 2073, 2074.
[18] Vgl. BGH, NJW 2004, 3630, 3632.
[19] BGHZ 51, 91, 96 = NJW 1969, 269; BGHZ 56, 269, 273 = NJW 1971, 1931; BGHZ 66, 51, 57 = NJW 1976, 712; BGH, NJW 1977, 2208, 2209.
[20] BGH, NJW 1984, 355, 356; BGH, NJW 1987, 1758, 1759.

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