Rz. 11

Der Rechtsanwalt muss als Interessenvertreter beider Parteien tätig werden. Der Begriff der Vertretung ist im weitesten Sinne zu verstehen und beschränkt sich nicht auf eine Vertretung nach außen, wodurch jedes Dienen durch Rat oder Beistand des Rechtsanwalts erfasst wird.[29] Unter den Begriff fällt jede rechtsbesorgende anwaltliche Berufsausübung.[30] Durch das weite Verständnis des Tatbestandsmerkmals ist auch eine Vorbefassung des Rechtsanwalts für die Frage maßgeblich, ob der Rechtsanwalt als Interessenvertreter beider Parteien tätig geworden ist. Grundsätzlich werden hier zunächst alle vorangegangenen anwaltlichen Berufstätigkeiten erfasst, d.h. alle Tätigkeiten, die der Rechtsanwalt als unabhängiger Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten vorgenommen hat.[31] Nach der jüngeren Rechtsprechung muss er bei beiden Tätigkeiten im Kernbereich der rechtsbesorgenden anwaltlichen Berufsausübung handeln.[32] Damit dürfte die Streitfrage, ob das Verbot widerstreitender Interessen nur bei vorangegangener anwaltlicher Tätigkeit oder ob eine andere Art der beruflichen Vorbefassung bereits ausreicht, entschieden sein.[33] Der Verwendung des Begriffs "Kernbereich" ist aufgrund der unscharfen Formulierung wiederum auf Kritik gestoßen.[34]

[29] Weyland/Träger, § 43a BRAO Rn 66.
[30] Henssler/Prütting/Henssler, § 43a BRAO Rn 186a; Kleine-Cosack, § 43a BRAO Rn 148.
[31] Weyland/Träger, § 43a BRAO Rn 56.
[32] BGH NJW 2020, 3451 m.Anm. Dietlein.
[33] Henssler/Prütting/Henssler, § 43a BRAO Rn 196 m.w.N.
[34] Falkenhausen, AnwBl online 2021, 5, 6.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge