Rz. 14

Ist eine Person verstorben, die zum Zeitpunkt des Todeseintritts noch nicht unterhaltsverpflichtet war, bei der jedoch die Möglichkeit besteht, dass sie ohne den Tod zukünftig unterhaltsverpflichtet geworden wäre, können unterhaltsberechtigte Personen u.U. einen Anspruch auf die Feststellung der zukünftigen Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Schädiger haben. Dies kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn der Vater eines minderjährigen Kindes, der mangels eigener Leistungsfähigkeit keine Unterhaltsleistungen erbringt, tödlich verunglückt. Das schützenswerte Feststellungsinteresse resultiert aus der Möglichkeit, dass der Verstorbene zu einem späteren Zeitpunkt (beispielsweise nach dem Ende einer Ausbildung) leistungsfähig geworden wäre. Dieselbe Möglichkeit besteht, wenn ein Kind verstirbt und die unterhaltsberechtigten Eltern behaupten, ohne den Schadensfall hätte die Möglichkeit bestanden, dass zu einem späteren Zeitpunkt eine Unterhaltsverpflichtung des Kindes gegenüber den Eltern eingetreten wäre.

 

Rz. 15

Muster 10.3: Feststellungsinteresse der zukünftigen Ersatzverpflichtung

 

Muster 10.3: Feststellungsinteresse der zukünftigen Ersatzverpflichtung

Ein gemäß § 1601 BGB unterhaltsberechtigter Elternteil kann die Feststellung einer Ersatzverpflichtung gem. § 844 Abs. 2 BGB beantragen, wenn die Möglichkeit im Raum steht, dass der verunglückte Sohn bei eigener Leistungsfähigkeit und Bedürftigkeit der Eltern unterhaltspflichtig werden würde. Begründet ist das Begehren dann, wenn nach der Erfahrung des Lebens und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge die spätere Verwirklichung dieses Unterhaltsanspruchs nicht ausgeschlossen ist. An die Beweiswürdigung ist dabei kein strenger Maßstab anzulegen (BGH, Urt. v. 3.12.1951 – III ZR 119/51 – BGHZ 4, 133; OLG Koblenz, Urt. v. 18.11.2002 – 12 U 1035/01 = NJW 2003, 521; OLG Schleswig, Urt. v. 6.9.2007 – 7 U 34/07, SchlHA 2008, 457; OLG Stuttgart, Urt. v. 29.10.2008 – 3 U 111/08; OLG Hamm, Urt. v. 23.11.2012 – I-9 U 179/11 = FamFR 2013, 103). Die Verpflichtung zur Zahlung von Verwandtenunterhalt nach § 1603 Abs. 1 BGB findet dort ihre Grenze, wo der Unterhaltspflichtige bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt des Berechtigten zu gewähren. § 1603 Abs. 1 BGB gesteht damit jedem Unterhaltspflichtigen vorrangig die Sicherung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu, den er zur Deckung seines allgemeinen Bedarfs benötigt (BGH, Urt. v. 18.1.2017 – XII ZB 118/16, MDR 2017, 337; BGH, Urt. v. 9.3.2016 – XII ZB 693/14 – BGHZ 209, 243). Maßgebend ist beim Elternunterhalt die Lebensstellung, die dem Einkommen, Vermögen und sozialen Rang des Verpflichteten entspricht, mithin der gesamte individuelle Lebensbedarf einschließlich einer angemessenen Altersversorgung. Zur Beurteilung der potentiellen Leistungsfähigkeit des verunfallten Kindes sind die Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der sog. Düsseldorfer Tabelle heranzuziehen (OLG Köln, Urt. v. 26.7.2017 – I-11 U 16/17 – juris).

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