Leitsatz (amtlich)

1. Eine auf Feststellung der Ersatzpflicht für künftige Unterhaltsschäden gerichtete Klage ist unbegründet, wenn im Unfallzeitpunkt keine Unterhaltsansprüche gegen den bei dem Unfall getöteten Elternteil bestanden haben und es - unter Berücksichtigung seines angemessenen Selbstbehalts - nicht als möglich erscheint, dass dieser im Zeitpunkt des Wiederauflebens eines Unterhaltsanspruchs leistungsfähig wäre.

2. Auf den Naturalunterhalts- bzw. Haushaltsführungsschaden des Ehegatten eines bei einem Unfall Getöteten ist die Mithilfe seiner nichtehelichen Lebenspartnerin bei der Hausarbeit nicht anspruchsmindernd anzurechnen, da es sich insoweit um eine freiwillige, unterhaltsrechtliche nicht geschuldete Leistung Dritter handelt, die dem Schädiger nicht zugute kommen soll (Anschluss an BGH NJW 1984, 2520 f.).

3. Das zur Berechnung des Barunterhaltsschadens zu berücksichtigende künftige Einkommen aus Rentenbezügen und öffentlichen Zusatzversorgungen kann gem. § 287 ZPO auf der Grundlage vorläufiger Rentenberechnungen des/der Versorgungsträger geschätzt werden.

 

Normenkette

StVG §§ 7, 17, 10 S. 2; BGB § 823 Abs. 1, § 844 Abs. 2; VVG § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Arnsberg (Aktenzeichen 1 O 533/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 27.01.2015; Aktenzeichen VI ZR 548/12)

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu 2) eine monatliche Unterhaltsschadensrente i.H.v. 216,22 EUR vom 1.7.2012 bis zum 28.2.2025, i.H.v. 304,91 EUR vom 1.3.2025 bis zum 30.6.2025 sowie i.H.v. 372,12 EUR vom 1.3.2025 bis zum 30.6.2035 jeweils vierteljährlich im Voraus, also zum 01.01., 01.04., 01.07. und 01.10. eines jeden Jahres abzgl. am 1.7.2012 und 1.10.2012 jeweils gezahlter 750 EUR zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger zu 2) sämtlichen weiteren Unterhaltsschaden aus dem Verkehrsunfall vom 29.4.2007 in B-W, W1 Straße, bis zum 31.12.2043, längstens jedoch bis zum Ableben des Klägers zu 2), zu ersetzen.

Die weiter gehende Klage wird abgewiesen, die weiter gehende Berufung der Beklagten, die Berufung des Klägers zu 1) sowie die Anschlussberufung des Klägers zu 2) werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Gerichtskosten der Kläger zu 1) zu 9 %, der Kläger zu 2) zu 75 % und die Beklagte zu 16 %. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen der Kläger zu 1) 9 % und der Kläger zu 2) 75 %. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) trägt die Beklagte 18 %. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Gerichtskosten der Kläger zu 1) zu 6 %, der Kläger zu 2) zu 79 % und die Beklagte zu 15 %. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen der Kläger zu 1) 6 % und der Kläger zu 2) 79 %. Von den außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) trägt die Beklagte 16 %. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Kläger verlangen von der Beklagten jeweils die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftigen Unterhaltsschaden, der Kläger zu 2) darüber hinaus Unterhaltsschadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am 29.4.2007 in B-W ereignete und bei dem die Mutter des Klägers zu 1) und Ehefrau des Klägers zu 2) getötet wurde. Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach steht außer Streit.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes bis zum Abschluss der ersten Instanz gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das LG die Beklagte nach Anhörung der Kläger verurteilt, an den Kläger zu 2) rückständigen Unterhaltsschadensersatz für die Zeit vom 29.4.2007 bis zum 30.9.2011 i.H.v. 7.645,94 EUR nebst Zinsen sowie ab dem 1.10.2011 bis zum 31.12.2044, längstens aber bis zum Ableben des Klägers zu 2), eine monatliche Geldrente i.H.v. 514,40 EUR, zahlbar jeweils vierteljährlich im Voraus, zu zahlen. Ferner hat das LG die Ersatzpflicht der Beklagten für jeden weiteren Unterhaltsschaden des Klägers zu 2) festgestellt. Das LG hat den Haushaltsführungsschaden des Klägers zu 2) auf der Grundlage seiner mit 30 % zu berücksichtigenden Mithilfe im Haushalt und einem nach der Tabelle von Schulz-Borck/Pardey geschätzten Haushaltsführungsaufwand von 17,64 Stunden pro Woche mit 764,40 EUR monatlich berechnet. Von dem Haushaltsführungsschaden hat das LG einen ersparten Barunterhaltsbetrag i.H.v. 250 EUR monatlich in Abzug gebracht. Dabei hat das LG ein Nettoeinkommen des Klägers i.H.v. 1.770 EUR und der Ehefrau des Kläger zu 2) i.H.v. 1.015 EUR, monatliche Fixkosten i.H.v. 850 EUR und eine Beteiligung des Klägers zu 2) hier...

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